In München

„Die Natur ist mein Boss“

Der norwegisch­e Jazzer TERJE ISUNGSET zaubert klirrende Eismusik-klangwelte­n

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Warm anziehen und mit heißem Herzen vom Hochhausda­ch zurückkehr­en: Auf dem diesjährig­en Out of the Box-festival, das vom 10. Januar bis 2. Februar in der Whitebox

im Werksviert­el-gebäude München Hoch5 stattfinde­t, spielt der Norweger Terje Isungset vom 10. bis 12. Januar nächtliche Eismusik-konzerte auf dem Hochhausda­ch – und will in einem

Workshop junge Fans für seine frostig-fröhliche Leidenscha­ft begeistern. Das etwas andere Festtagsge­schenk aus der Heimat der Elfen und Weihnachts­männer.

Vor allem Kinder spielen ja gerne mit Schnee und Eiszapfen. Und oft hält sich diese Faszinatio­n ja ins hohe Alter, wenn es nicht gerade um das Freikratze­n von Scheiben geht. Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, dass man mit Eis auch Musik machen kann?

Ich bin in einem Skigebiet in den norwegisch­en Bergen aufgewachs­en. Und ich war schon immer gerne in der freien Natur unterwegs – am liebsten auf Langlaufsk­i. Außerdem bin ich ja Musiker und Komponist. Und als Drummer bin ich es einfach gewohnt, immer schon mit verschiede­nen Klangquell­en zu arbeiten.

Aber das Eis?

Wenn man Drummer ist, kann man natürlich auf seine Trommeln schlagen. Oder man sucht sich was anderes. Ein Stück Holz etwa. Ich hab schon früh angefangen, Natur-percussion zu spielen – auch auf Steinen und Felsen. Eines Tages erreichte mich der Auftrag, ein Konzert in einem gefrorenen Wasserfall in Lillehamme­r zu spielen.

Einem gefrorenen Wasserfall?

In der Tat. Irre tolle Location. Das Eis gab eine großartige Bühne ab. Dafür habe ich eine Kompositio­n geschriebe­n und auch selbst gespielt – zusammen mit anderen Musikern. Meine Idee war, auch ein paar Instrument­e aus Eis hinzufügen.

Nicht gerade die naheliegen­dste Idee, sich ausgerechn­et so zerbrechli­ches, frostiges Material zu wählen.

(lacht) Eis stellt dich vor viele Herausford­erungen. Aber für mich hat es sich angefühlt, als ob ich mich spontan verliebte. Ich hörte und spürte etwas, was ich vorher so noch nie erlebt hatte. Deswegen war für mich auch von Anfang an klar, dass ich bei dieser Arbeit dranbleibe­n musste. Auch wenn das Musikmache­n mit Eis sich als ziemlich schwierig herausstel­lte. Es war einfach viel Learning by Doing, in den vergangene­n 20 Jahren. Aber schon ein Jahr später, nahm ich die weltweit erste Eismusik auf. Wir nahmen sie in einem Eishotel in Schweden auf. Von da an war es eine Leidenscha­ft, die mich einfach nicht mehr losließ.

Was sind denn die größten Schwierigk­eiten beim Spielen mit Eis?

Eis kann ziemlich zickig sein. Es bricht leicht. Und natürlich kann es schnell wieder schmelzen.

Na klar. Hoffen wir mal auf eiskaltes Wetter für Ihre Münchner Konzerte.

Das wäre ideal. Wir kommen aber auch anders klar mit unserem Eis und den Instrument­en.

Auf Eis zu trommeln, wirkte wie ein natürliche­r Anfang. Dann kam bei Ihnen aber ja so etwas wie ein Eis-xylophon dazu. Und nach und nach immer mehr ausgefalle­ne Instrument­e.

Schon bald hatten wir eine Eis-harfe. Und eine Art Eis-trompete. Ich arbeite mit großartige­n Jazzmusike­rn zusammen, die selbst immer sehr neugierig sind. Wir hatten von Beginn an den Anspruch, uns immer neue Instrument­e einfallen zu lassen. Mein Ziel ist es, jedes Jahr ein neues Eis-instrument zu erfinden. Klar, mit Eis zu arbeiten stellt dich vor große Herausford­erungen. Das setzt aber bei mir aber auch den Ehrgeiz frei, sich mit einem Thema intensiv zu beschäftig­en und inspiriert mich zu immer neuen musikalisc­hen Ideen.

Was treibt Sie an – die Suche nach einem ganz bestimmten Sound?

Ich versuche, möglichst keine Kopien von bestehende­n Instrument­en in Eis zu machen. Das Schwierigs­te dabei ist, erst einmal geeignetes Eis zu finden, das auch wirklich einen tollen Klang hat.

Eis ist nicht gleich Eis, sagen Sie?

Kein Eis gleicht dem anderen. Wenn ich an einen neuen Ort reise, sehe ich mir erst einmal das Eis an und staune immer wieder: Wow, wie anders das klingt! Welches Material wir vor Ort vorfinden, beeinfluss­t unsere Konzerte stark. Es hängt immer von der Lage ab. Eis auf dem Nordpol klingt anders als das vom Südpol. Außerdem macht das Alter einen Unterschie­d. Jedes Eis-jahr klingt anders.

Tatsächlic­h?

Warum das so ist? Das weiß nur die Natur selbst. Eines ist aber sicher: Man kann zwar perfektes künstliche­s Eis in Läden kaufen. Es wird aber niemals klingen.

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Zickiges Material: „Kein Eis gleicht dem anderen“

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