Toujours l’amour
„Einsam Zweisam“von Cédric Klapisch
— In seinen Filmen feiert Cédric Klapisch das Leben und die Liebe. Ein untrüglicher Blick fürs Alltägliche zeichnet ihn aus, ein gutes Gespür für seine Charaktere. Kassenhits landete er mit seinen „L’auberge espagnole“-wg-komödien, die eine in Barcelona, die andere in St. Petersburg angesiedelt, zu Hause ist er jedoch in der Seine-metropole, siehe „So ist Paris“. Dorthin ist er für „Einsam Zweisam“zurückgekehrt und hat Ana Girardot und François Civil, seine Darsteller in „Der Wein und der Wind“, erneut besetzt. Balkon an Balkon wohnen Mélanie und Rémy, getrennt nur durch eine Mauer. Dennoch haben sie sich noch nie bewusst gesehen, obwohl sie regelmäßig die gleichen Wege gehen, nebeneinander in der Apotheke nach einem Mittel gegen ihre Schlaflosigkeit fragen und im selben Orient-supermarkt einkaufen. Dort schwätzt ihnen der schlitzohrige Besitzer (Simon Abkarian) regelmäßig vermeintlich „bessere“, weil teurere Lebensmittel auf. Ein origineller „running gag“, der schließlich dazu führt, dass die beiden sich treffen.
Doch ehe das passiert, muss man sich rund 105 Minuten gedulden. Denn Klapisch, mit dem Argentinier Santiago Amigorena („Ihr letzter Coup“) zudem für das Drehbuch verantwortlich, ist nicht an einer gradlinigen Lovestory interessiert. Er verweigert sich den Konventionen des Genres, erzählt vielmehr von der Einsamkeit in der Metropole, von der Anonymität ihrer Bewohner, von Selbstzweifeln, und wie eine Kette von Zufällen – eine kleine Katze spielt eine wichtige Rolle – endlich in einer Romanze mündet.
Die beiden Dreißigjährigen sind „ganz normale“Menschen. Mélanie fühlt sich in ihrem Job überfordert, leidet darunter, dass ihr Freund sie verlassen hat. Via Tinder sucht die Biochemikerin einen neuen Partner, doch der Richtige ist nicht dabei. Noch schlechter geht es in Herzensangelegenheiten Rémy, der aus der Provinz und vor seinen Eltern geflohen ist. Einzig eine Mitarbeiterin scheint an ihm interessiert, erkennt in ihm den „Cheeseburger“-mann, der dem „Hamburger“-mann unbedingt vorzuziehen sei. Ein Trugschluss ...
Kein Wunder, dass der junge Mann, nachdem er seine Anstellung verloren hat, von Schuldgefühlen und Panikattacken geplagt, einen Psychotherapeuten (François Berléand) aufsucht. Dem öffnet er sich allmählich – genauso wie dies Mélanie auf der Couch ihrer Analytikerin (Camille Cottin) tut. Er sagt, sie sagt ... zwei Handlungsstränge werden parallel aufgerollt, zwei Individuen dabei beobachtet, wie sie sich langsam aus ihrer seelischen Notlage befreien und zu sich finden.
Der Regisseur nimmt sich viel Zeit, um ins Innere der Figuren vorzudringen. Einfühlsam interpretieren Girardot und Civil ihre Rollen. Die gleichermaßen ernste wie witzige Nabelschau ist episodisch gehalten, Stadtansichten sind, Kapiteleinteilungen gleich, zwischen die einzelnen Sequenzen montiert. Ein wortreiches Drama, funktional umgesetzt und realitätsnah: „Es reicht nicht das Problem verstanden zu haben, um das Problem zu lösen. Andererseits ist es unabdingbar, es zu verstehen, um es zu lösen. Das Problem ...“