STEFAN DRESSLER
Das Fest der unschuldigen Kinder (Hirschkäfer Verlag)
Der Schnee knirscht. Die kahlen Bäume ächzen. Tief im Wald ist’s dunkel und einsam. Es ist eine Weihnachtswinterwelt, wie man sie sich erträumen könnte. Stefan Dressler macht einen Albtraum daraus. Immerhin zäumt er in seiner ungemütlich frostigen Eisnachterzählung eine alte Volkssage wieder auf, dreht gnadenlos an der Schauerroman-schraube und spritzt reichlich Blut in den Schnee. Bavarian Gothic könnte man das nennen. Tatsächlich ist es ein perfides Spiel mit Erwartungen, Romantiksehnsüchten, Zitaten und Textebenen, bei dem man sich vorsichtshalber lieber nicht unter die ganz dürftige Funzel setzen sollte. Erzählt wird von der verzweifelten Suche nach einer jungen Frau, die in einer finsteren Winternacht im tiefsten Hinterwaldhausen von einer mysteriösen Kreatur im Wald verschleppt wird. Gleichzeitig ist es aber auch eine bittere Meditation über die Sprachlosigkeit der Unterdrückten und die Frage, wie man es vielleicht doch schaffen könnte, ihr zu entkommen. Wie im rührigen Hirschkäfer-haus üblich, kam dabei ein liebevoll gestalteter Band heraus, den man gerne – mit zitternden Fingern – in die Hand nimmt. Die Illustrationen dazu hat Florian Scherzer gezeichnet. Und der hat schon mit seinem eigenen „Neubayern“-roman die „Dahoam is dahoam“-fraktion das Fürchten gelehrt. Geschenktipp für Unerschrockene!