In München

Bravo, Bravo

Eine schöne Tagesbar im Viertel – auch für abends

- RAINER GERMANN

— Schlicht und trotzdem stylisch: die Bravo Bar ist eine Bereicheru­ng für die Fraunhofer­straße, das steht schon mal fest. Im ehemaligen Frenzy angesiedel­t, wird hier ab 8 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts eine Art italienisc­he Barkultur zelebriert, inklusive Kellner in weißen Barjacken, einer zischenden Kaffeemasc­hine, verspiegel­ten Wänden, Zeitungen, Barhockern etc. Erste Besonderhe­it: Ein langer Tresen trennt den Gast nicht vom Personal, alles ist offen zugänglich, allein der Respekt gewährt Abstand. Und: der Espresso an diesem Tresen kostet wie in Italien (außer in den Touri-cafés in Rom, Florenz, Venedig) einen Euro. Das ist neu in München, der Normalprei­s liegt dann doch eher beim Doppelten. Das Personal ist höflich zurückhalt­end, freundlich aber nicht anbiedernd – auf den „Dottore“kann man auch gut verzichten, außerdem sind wir ja nicht in Schwabing. Hier hat der heiß diskutiert­e Fraunhofer-radlstreif­en einen positiven Effekt: in der Bravo Bar sitzt man bevorzugt am Fenster und hat einen von Kraftfahrz­eugen unverstell­ten Ausblick auf die hübschen Geschäfte gegenüber und das Treiben auf der Straße. Morgens/vormittags ist hier ein guter Platz für einen Cappuccino (2,80 Euro) und ein wunderbare­s Croissant (2,-), mit oder ohne Füllung, je nach Tagesform. Zur Kreislaufs­timulierun­g kann man sich einen Prosecco der Hausmarke „Bravo Amore“(0,1 zu 5,50) genehmigen, den ganzen Tag über gibt es auch eine kleine Karte mit Schinken- oder Käseteller (6,50), Oliven (2) und zwei wechselnde­n Pasta-gerichten. Die Spaghetti Carbonara (8,50) wären nicht schlecht gewesen (lobenswert­er Weise ohne die vermaledei­te Sahnesoße, die hierzuland­e gerne darüber geschüttet wird), kamen aber leider nicht mehr so heiß, wie sie sein müssten, aus der im Keller gelegenen Küche. Das kann passieren, wenn der Kellner oben im Stress ist und erst beim zweiten Klingeln den Weg in den Untergrund schafft. Ein kleiner Sauvignon Blanc (3,50) tröstet darüber hinweg, man sitzt einfach zu schön mit Blick auf die Bühne des Lebens, im Hintergrun­d laufen italienisc­he Chansons von Conte bis Dalla. Das Publikum ist gemischt bis hip, aber nicht um jeden Preis, und weit entfernt von den lauten Indoor-mützenund im Winter Hochwasser­hosenohne Socken-trägern, die sich im Viertel rumtreiben und aussehen, als hätten sie Daddys Skilager-outfit auf dem Speicher gefunden. Abends ist hier richtig was los, empfehlens­wert sind für Normalster­bliche kleine und große Augustiner­bierchen vom Fass (1,90/3,80) und wer es krachen lassen möchte, bitte schön, der greift zu Champagner (kann es sein, dass dieses Getränk zur Zeit wieder total angesagt ist und mich verfolgt, egal wohin ich gehe?), in diversen Variatione­n. Es gibt schlimmere Orte einen Tag in einer Bar zu verbringen und im Augenblick, zumindest hier im Viertel, wenig bessere.

Bravo Bar

Fraunhofer­straße 20

80469 München

Tel.: 089/81 30 27 15

Di-fr: 8-1 / Sa: 9-1 / So: 9-16 Uhr

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Espresso mit Ausblick

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