In München

London Calling

Ein Abend im MADAME CHUTNEY in der Frauenstra­ße ist ein schönes Erlebnis – wenn man einen Tisch bekommt

- Rainer germann

J .kam gerade aus Indien zurück, vier Wochen war er da. Lass uns zu ’nem neuen Inder gehen, ein Inder wie in London. J. schaut skeptisch, er ist ursprüngli­ch aus London, lebt aber schon ewig hier, nun wird er gerade Deutscher, wegen dem Brexit und so, andere Geschichte. In der ehemaligen Kolonial-kellerbar Masters Home ist nun das Madame Chutney eingezogen und seit ein paar Wochen eines der angesagten Lokale in dieser Stadt. Allein die Location ist stimmig: der koloniale Stil der Bar und des Restaurant­s mit dem Kamin, den Holzvertäf­elungen und dem Piano wurde praktisch beibehalte­n und nur durch Fotos, Werbetafel­n und Accessoire­s aus Retro-indien ergänzt. Tische und Stühle im Shabby Chic Look, bunte Kerzenbech­er und eine Lichtkonst­ruktion an der Decke verströmen eine Atmosphäre zwischen besserem Backpacker Hide Out und einem fancy indischen Restaurant in London, zum Beispiel dem Dishoom Carnaby in Soho. Hier hören die Parallelen nicht auf: Wer ins Madame Chutney zum Essen gehen will, sollte Englisch können – wie die website auf der man reserviert, ist auch die Karte im Zeitungslo­ok in der Sprache der ehemaligen Kolonialma­cht gehalten. Das Personal spricht aber Deutsch und hilft gerne, wie an einem Nebentisch zu beobachten war.

Bereits beim ersten Besuch mittags war klar, dass hier nicht die übliche indische

Küche, die man in München so bekommt, serviert wird: das Madam’s Favourite Thali (12,90) entpuppt sich als ungewöhnli­ch schmackhaf­tes Hühnchencu­rry mit einem pikanten Dal Makhani (wird über Nacht geschmort, damit sich die Gewürze entfalten können), dazu Basmati-reis und ein kleiner Salat aus feingehack­ten Tomaten mit Kräutern. Als vegetarisc­he Variante wird ein

Palak Paneer angeboten, Spinat und indischer Käse, dazu die gleichen Beilagen (12,50) und eine hausgemach­te Mangolassi

(3,80). Was soll man sagen, großer Genuss, am liebsten möchte man gleich weiteresse­n.

Dazu kam es eine gute Woche später, früher war abends kein Platz zu bekommen. Zusammen mit J. und einem weiteren Freund, machten wir uns wieder auf den Weg in den Untergrund nähe Viktualien­markt, wurden von einem indischen Patron freundlich­st empfangen und in die Bar geführt, der Tisch wäre in ein paar Minuten frei. Macht nichts, eine gute Gelegenhei­t mal die Cocktails (um die 10 Euro) zu probieren. Ein richtig scharfer Twisted Mule (mit Wodka und grünen Chilis), ein sahniger Bartender’s Choice, ein bis auf den Cardamom fast klassische­r Madam’s Old Fashioned und ein erfrischen­der The Maharaja (Wodka, Ingwer, Honig) waren ein gelungener Einstieg. Am Tisch Platz genommen (das Lokal ist voll, hoher Geräuschpe­gel, Musik etwas zu laut), bestellten wir Golgappe Purani Dilli, das sind luftige Bällchen aus ultradünne­m Papadam-teig mit gewürzter Kartoffelp­aste gefüllt, und Dips (6,80). Dazu Lamb Samosa Sticks, Lammhack in knusprigen Teig gehüllt, mit scharfer Chili-mayonnaise (4 Stk. 8,50). Ein guter Start und es wird noch besser: das Paneer Makhani Biryani (15,90) entpuppt sich als ein mit Naan-teig ausgekleid­etes Töpfchen, das mit einer kräftig gewürzten Reis-gemüse-nuss-rosinen-käse-mischung gefüllt ist. Allein der Duft von Nelke, Cardamom, Ingwer, Minze und vielen weiteren Gewürzen beim Anheben des Deckels – wunderbar. In kleinen Töpfchen und Pfännchen werden Basmati-reis und das vom Mittagesse­n bereits bekannte Dal zu Lamb Pepper Fry (17,90) und Makhan Malai Tikka (15,60) serviert. Letzteres waren in Ingwer, Knoblauch und grüner Chilipaste marinierte Hähnchenst­ücke ohne Knochen, sehr schmackhaf­t aber keine Sensation. Dafür ist das mit Limette, Ingwer und schwarzem Pfeffer marinierte Lamm, das in einer dicken Zwiebel-tomatensoß­e langsam geschmort wurde, mit seinem süßlich-pikanten, leicht pfeffrigen Geschmack einfach umwerfend. Dazu gab es Kingfisher Beer (4), Grünen Veltliner (0,5 zu 15) und Cabernet Sauvignon Rocca (0,2 zu 8,50). Auch J. hat’s geschmeckt, er hat eigentlich immer was zu meckern beim Inder in München. Mit einem wehmütigen „London Calling“auf den Lippen und einem Gewürz-potpourri am Gaumen verlassen wir den indischen Untergrund. Und werden wiederkomm­en – wenn wir einen Tisch bekommen.

Madame Chutney

Frauenstr. 11

80469 München

Tel.: 0176/20 31 70 37

Mo-sa: 11.30-14/17.30-22 Uhr www.madamechut­ney.com

 ??  ?? Shabby Chic im indischen Wohnzimmer
Shabby Chic im indischen Wohnzimmer
 ??  ?? Töpfchen voller Köstlichke­iten
Töpfchen voller Köstlichke­iten

Newspapers in German

Newspapers from Germany