Humor ist Kunst
Und sie braucht ein anständiges Zuhause. Auf diesen Bühnen wird man fündig
Der Mensch rast in die Zukunft. Eigentlich müsste man nach vorne blicken. Doch was macht der Affe von heute? Na klar, der Homo Digitals starrt auf sein Smartphone. Gebückt. Ein wenig wieder aufrichten kann man sich im neuen „KI: Künstliche Idioten“-programm von Philipp Weber. Allerdings muss man seinen Spott ertragen. Opa Heinz hatte sich einst noch – unfreiwillig – die Wohnung von der Stasi verwanzen lassen. Nun steht auf seinem Couch-tisch Amazons Alexa. Weber sorgt sich um die Dummheit der Digitaldeppen und um das jähe Ende der großen Träume. Wo ist die angekündigte saubere Fusionsenergie geblieben? Wann geriet der Plan mit dem downloadbaren Feierabendbier ins Stocken. Stattdessen fliegt die Menschheit zum Mars. Aber der ist ja nicht nur ein zuckriger Schokoriegel, sondern auch ein ungastlicher, todlangweiliger Staubplanet. (Lach- und Schießgesellschaft, 26./27./28.2.)
Hart geht auch Panagiota Petridou mit ihren Mitmenschen ins Gericht. „Aufgeben
kannst du bei der Post!“, sagt sie. Als Powerfrau kommt ihr derlei Flau-philosophie natürlich nicht ins Haus. Sonst wäre sie nicht mehrfach zur besten Minineuwagenverkäuferin
Deutschlands gekürt worden. Viel von diesem Ps-spirit steckt im neuen Programm, das nicht ohne Grund „Wer bremst, verliert!“heißt. (Lustspielhaus, 2.3.)
Raus aus der Filterblase zieht es
Django Asül. Und dafür düst er nun mit „Offenem Visier“– so der Titel seines neuen, lange erwarteten Solos – über die Lande. Doch kaum hat er die Sichtblenden hochgeklappt, verändert sich der Blickwinkel. Er wird weiter. Asül prescht in die weite Welt. Diesmal treibt er sich zwischen Marseille, Malta und dem Nahen Osten herum. Immerhin möchte er herausfinden, warum die korrupte Mafiainsel das idealtypische Eu-land ist. (Lustspielhaus, 4. bis 8.3.)
„Vom Leben gezeichnet“fühlt sich
Micha Marx, der in Wahrheit ein Nostalgiker ist. Er liebt ihn noch, den klassischen Lichtbilderabend. Auch er nimmt sein Publikum mit an exotische Orte – etwa nach Bonn-rüngsdorf. Kunstwerk auf Kunstwerk jagt er über den Beamer. Dank seiner leiernden Stimme und dem betörenden Funkeln in seinem Bart im Scheinwerflicht soll an solchen Abenden schnell eine ähnlich aufgeladene Atmosphäre entstehen, wie man sie sonst nur aus dem unklimatisierten Kleinwagen kennt. (Fraunhofer, 5.3.)
Schnell heiß wird’s auch in den knalligen Stand-up-wortgefechten von Michael Mittermeier, der dazu auch noch schön gruselig grimassieren kann. „Lucky Punch – Die Todes-wuchtl schlägt zurück“war sein zuletzt niederschmetternd erfolgreicher Duell-marathon, bei dem in der rechten Ecke der Herausforderer, der Künstler selbst, und in der linken der Favorit, die Absurdität des Alltags, aufeinander lauerten. Die Welt ist eben kein Tindergeburtstag, sagte Mittermeier. Nun
spielt er das zum letzten Mal herunter. (Deutsches Theater, 1.3.)
Zum direkten Vergleich empfiehlt sich sein Bruder Alfred Mittermeier. Er will als Kamelkabarettist mit überirdischen Pointen durchs Nadelöhr ins titelgebende „Paradies“galoppieren. Es zieht ihn einfach an den Ort, von dem alle reden, den aber noch niemand gesehen hat. Auskunftsfreudige Geistliche schwärmen zwar in den höchsten Tönen vom Paradies, wissen davon aber doch auch weniger, als ihre Schäfchen ahnen. (Lach- und Schießgesellschaft, 1.3.)
Demnächst wird wieder auf dem Nockherberg gepredigt. Schon im Vorfeld bringt sich Corinna Binzer in Stellung. Unter dem Motto „Fast eine Rede“bringt sie ihre Ansichten zur Fastenzeit zur Geltung. Dafür schlüpft sie in die Rolle von Marianne „Mary-ann“Rechteham, die ihren schmucken Hof in der Gemeinde Sanktkleinoberjosefshausen verlässt, um den Städtern eine Standpauke zu halten. Es geht ihr um die Zwänge des modernen Selbstoptimierers.
(Hofspielhaus, 27./28.2.)
Niemals Fastenprediger war Christian Ude.
Der Oberbürgermeister der Herzen verwandelte einfach jeden öffentlichen Termin in ein Kabarettprogramm.
Keine Überraschung, dass er davon nicht lassen kann. In der Reihe der „Schwabinger Geschichten“-matinee blickt er zurück und damit hinter die Kulissen des Rathauswahnsinns. Ungeschönt, versteht sich. (Heppel & Ettlich, 23.2. 11.00 Uhr)
Vom Rathaus- zum Rauch-wahnsinn. Aida Loos hat mit dem Qualmen aufgehört. Feine Sache. Doch jetzt weiß sie eben ganz genau: Das Schwierigste am Nichtrauchen ist ihr Leben. Und als ob das nicht schlimm genug wäre, dauert es jetzt auch noch zehn Jahre länger. „Filterloos“ist neuer Nervenkitzel für den ungesunden Menschenverstand. (Schlachthof, 27.2.)
Noch ein Abschied: Horst Schroth hat die vielen Reisekilometer, die – vorsichtig ausgedrückt – nicht immer entspannenden Hotelübernachtungen und die vielen hastig reingeschaufelten Mahlzeiten über. „Schlusskurve“ist sein Dank an ein immer treues Publikum, mit dem er nun noch eine Best-of-40-jahre-runde dreht. (Lustspielhaus, 29.2./1.3.)
Und dann zum Schluss noch ein Tipp fürs aufgeschlossene Bildungsbürgertum: Die schönen Worte „Es hat mir so behagen wollen, mit Lachen die Wahrheit zu sagen“hatte Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen einst seinem Simplicissimus in den Mund gelegt. Die gleichnamige Münchner Satirezeitschrift zitierte dieses Motto gleich in der Erstausgabe aus dem Jahr 1896. Die Schauspieler Dimitra Papadopoulou und Andreas Borcherding stöbern im Progamm „Der Biss der roten Bulldogge“das Beste aus den 48 Jahrgängen des Schriftsteller-, Karikaturisten- und Zeichner-blatts noch einmal ans Tageslicht. Pficht-termin nicht nur für Wahl-schwabinger! (Alter Rathaussaal, 26.2.)