IRVINE WELSH
Die Hosen der Toten (Heyne Hardcore)
Man schlägt die erste Seite auf. Und schon ist er wieder da – der legendäre „Trainspotting“-soundtrack. Und Iggy Pops „Lust for Life“peitscht über die tanzenden Buchstaben hinweg. Es sind einige Jahre vergangen seit den ersten schmutzigen Abenteuern der Leith Boys aus den Mietskasernen der einstigen Drogenhochburg am Hafen von Edinburgh. Bäuche haben sich angesetzt. Wohlstand ist ausgebrochen. Der schottische Nationalstolz hat neue Hoffnung – und endlich auch das eigene wiedereröffnete Parlament. Und dann ist auch noch ein Wunder geschehen: Begbie, der prügelnde Psychopath mit der extrem kurzen Lunte, hat sich neu erfunden. Im Knast half ihm eine Kunsttherapie, einen bürgerlichen Lebensweg zu finden. Ach wirklich?
Und plötzlich verkaufen sich seine Skulpturen mit grausam entstellten Gewaltopfern wie Toastbrot. Oder besser wie klassische, fetttriefende schottische Frittierpizza mit Frittenbelag. Es ist eine Verwandlung, an die vor allem Mark „Rent Boy“Renton, der es zum vielfliegenden Techno-dj-manager geschafft hat, nicht so recht glauben mag. Er hat bekanntlich noch so einige Rechnungen mit dem einstigen Wüterich offen. Doch Begbie will nicht einmal Geld von Mark, darin schwimmt er ohnehin. Irvine Welsh hat endlich den lange erwarteten Schlussband der „Trainspotting“-saga vorgelegt. Und natürlich darf man sich auf ein Wiedersehen mit den alten Helden, darunter natürlich auch Sexmonster Sick Boy und der liebenswert dusselige Spud (dem wie üblich übel mitgespielt wird), freuen. In formaler Hinsicht haben sich die Wellen geglättet, der Erzählfluss plätschert dahin wie das Water of Leith-flüsschen. Aber um exzessive Gewalt, furchterregende Sexkapaden und finstere Drogen-trips macht Welsh natürlich trotzdem keinen Bogen. Und am Schluss gewinnen die Hibs das Pokalfinale gegen die Rangers aus Glasgow. Das ganze Stadion an der Easter Road singt „Sunshine on Leith“. Ein würdiger Abschluss! (Lesung im Ampere, 15.3.)