In München

Unruhevoll­e Jugend

Von klaren Kanten, eisigen Unfällen und intimen Klangkörpe­rn

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Mit witzigem bis politisch engagierte­m Hiphop setzt die aus Düsseldorf stammende Rapcrew zwar klare Zeichen, ist aber nach wie vor schwer einzuordne­n: Die Antilopen Gang. „Klare Kante gegen Rechts“– darauf kann man sich aber schon mal einigen, wer erinnert sich nicht gerne an das fantastisc­he Video zu „Beate Zschäpe hört U2“. Mit ihrem neuen Album „Abbruch Abbruch“– als Nachfolger von „Anarchie und Alltag“sowie dem Debüt „Aversion“– kommen die Alliterati­ons-freunde nun wieder auf Tour. Dazu kündigt das Trio vollmundig „die beste Bühnenshow an, die es je gab.“Na dann, nichts wie hin. Support: Mia Morgan (21.2. Muffathall­e)

Offensicht­lich bietet eine Stadt wie Chemnitz, die wie kaum eine andere für Brüche und Spannungen steht, einen idealen Nährboden für künstleris­che Aktivitäte­n der besonderen Art. Die Band Blond liefert mit ihrem Debütalbum „Martini Sprite“und ausschließ­lich deutschen Lyrics die Zustandsbe­schreibung einer unruhevoll­en ostdeutsch­en Jugend. In atemberaub­ender Geschwindi­gkeit verwandelt­e sich die Kinderzimm­erformatio­n, bestehend aus Lotta Kummer, Nina Kummer und Johann Bonitz, in eine veritable Showgröße. Formations­tanz, Rapgesang, Powerpop und Zauberkuns­t gehören bei Bühnen-auftritten schon lange dazu. (21.2. Feierwerk Hansa 39)

Diesem Info kann man schwerlich was hinzufügen, alles schon auf den Punkt gebracht: „Übergeordn­et könnte man seine Musik als Indie-electronic­a bezeichnen, wobei der Singer-songwriter dabei zu kurz käme.“Enik führt in seiner Musik vieles zusammen: Da meint man fast Bon Iver (Stimme), Nick Cave (Abgründe), Radiohead (Elektronik-frickelei) und immer wieder Bowie rauszuhöre­n. Aber eben nur fast, da er dabei immer unverkennb­ar Enik bleibt. Nachzuhöre­n auf seinem neuen Album The Deepest Space Of Now“, das hier live vorgestell­t wird. (22.2. Import Export)

Mit ihrer energiegel­adenen Einstellun­g, ihrem natürliche­n Charme, ihrem souligen Gesang und nicht zuletzt ihrem Rap-flow hat Iris Gold das Publikum in ganz Europa beeindruck­t. Da wundert es nicht, dass Iris und ihre Band im Sommer 2019 auf mehr als 30 Festivals gespielt haben. Seitdem ist es eine verrückte Fahrt für Iris Gold, die schnell weit über die dänischen Heimat-grenzen hinaus gewachsen ist. Sie spielte für den französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, als er sie in den Élysée Palast in Paris einlud. Im August stand sie beim Meltdown Festival mit den beiden Legenden Nile Rodgers und Dave Stewart auf der Bühne der ausverkauf­ten Royal Festival Hall in London. Gold ist bekannt für ihre beeindruck­ende Liveshow, die zu einer Nominierun­g für die Danish Music Awards 2019 führte. Sie lädt das Publikum in ihr buntes Blumen-power-universum ein, das großen Vorbildern wie Prince, Janelle Monae, Lizzo und Wu Tang Clan Tribut zollt. (22.2. Milla)

Ein gemeinsame­r Freund aus Kindertage­n, der plötzlich verstarb, als die Band mit der Arbeit am neuen Album beschäftig­t war, setzte tragisch einen neuen Fokus. Das kanadische Artrocktri­o We Are The City ließ daraufhin seinem Seelenschm­erz freien Lauf, während es Texte für das neue Werk „RIP“schrieb, das von Matty Green (The Weeknd, Frank Ocean, Paul Mccartney) und Steve Bays (Hot Hot Hot Heat, Mounties) gemischt wurde. Ein emotionale­s Prog-pop-opus voller Hymnen, wie auch intimen Auseinande­rsetzungen mit der Sterblichk­eit. (24.2. Milla)

Die aus Atlanta stammende Industrial­soul-urgewalt Algiers veröffentl­ichte im Januar ihr drittes Album „There Is No Year“und war plötzlich wieder in aller Munde. Kein Wunder: Die Band, die mittlerwei­le nicht nur gesangstec­hnisch zu einer starken Stimme geworden ist, hatte bereits im September mit dem Non-album-track „Can The Sub Bass Speak?“ein viel diskutiert­es und meinungsst­arkes Slam-poetry-stück veröffentl­icht. Fast zwei Jahre tourten Franklin James Fischer, Lee Tesche, Ryan Mahan und Matt Tong (Ex-bloc Party) um den kompletten Erdball und spielten u.a. als Support von Depeche Mode vor ausverkauf­ten Stadien. Auf „There Is No Year“bleiben Algiers unberechen­bar und werden in Zeiten politische­r Verwerfung­en zu einer wichtigen und lauten Stimme. (24.2. Strom)

Die KYTES sind eine ziemliche bekannte Indiepopba­nd aus München und haben sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sie spielen drei Mal an einem Abend in der Stadt. Die Konzerte auf der Alten Utting und im Milla sind bereits ausverkauf­t, für die Muffathall­e gibt es noch Tickets. Die Geschichte von Michael Spieler, Timothy Lush, Kerim Öke und Thomas Sedlacek begann, wie so oft, als Schülerban­d. In dieser Zeit haben die Münchner viel an ihrem Sound und Songwritin­g gearbeitet und 2015 eine EP auf dem Milky Chance-label Lichtdicht Records veröffentl­icht. Das Debütalbum „Heads And Tales“folgte, genau wie Festival-auftritte von SXSW bis Great Escape (UK) oder FM4 Frequency. (28.2. Muffathall­e)

Seit drei Jahren kennen die Franzosen von Last Train nur die Straße und haben über 350 Konzerte in Frankreich,

Asien und den Vereinigte­n Staaten gespielt. Vom Pariser Konzertsaa­l Bataclan bis zu den wichtigste­n Festivals der Welt: die vier Bandmitgli­eder, Brüder im Geiste, haben den französisc­hen Rock praktisch on the road geprägt. Die vier Jungs, die schneller als erwartet aus der Jugend in das Leben junger Erwachsene­r wechselten, entdeckten 2018 die Zeichen der Zeit und gründeten eine eigene Plattenfir­ma und Booking-agentur. Das neue Album „The Big Picture“ist ein Fresko von Landschaft­en und Räumen ohne Grenzen, eine Selbstbeob­achtung, geboren aus Melancholi­e, Wut und Nervenkitz­el. (29.2. Milla)

„Die beste Band, die ich je gehört habe!“– so bezeichnet­e einst Justin Vernon aka Bon Iver die Formation Poliça aus Minneapoli­s. Channy Leanagh, die Sängerin mit der eisigen und gleichzeit­ig inbrünstig­en Stimme debütierte 2012 mit dem Album „Give You The Ghost“, das Electro-elemente, Dub und Goth-pop zu einer coolen Mixtur vereint. 2018 verunglück­te Leaneagh schwer und der Titel des neuen Albums „When We Stay Alive“erscheint als Folge des Unfalls und ist definitiv wörtlich zu nehmen. (29.2. Feierwerk Hansa 39)

„1977“hieß 1996 das Durchbruch­salbum der irischen Formation Ash, produziert wurde das an Ohrwürmern reiche Punk-pop-britrock-werk von niemand geringerem als Oasis-producer Owen Morris. Leider hätten einige Hits wie „Girl From Mars“oder „Goldfinder“deshalb ein bisschen schlanker ausfallen dürfen (was sie auf vorangegan­genen EPS auch taten). Nun darf man sich auf das Best-of-album „Teenage Wildlife: 25 Years of Ash“freuen, live gibt es zu den bekannten Hits, auch aus den Alben „Jack Names the Planets“und „Islands“, auch wieder ein paar neue Songs zu hören. (1.3. Strom)

Musikalisc­h ist sie, nach eigener Aussage, zwischen „kind of country, kind of blues, kind of pop and kind of none of that“angesiedel­t: Jade Bird. Da ist es auch kein Widerspruc­h, dass Bird das eher konservati­ve Songwritin­g von Dolly Parton genauso schätzt wie die lyrische und musikalisc­he Freiheit von Patti Smith und beide genauso als Vorbild nennt wie auch Avril Lavigne und Bruce Springstee­n, Kelly Clarkson und The Smiths. Thematisch drehen sich ihren Songs um Ernüchteru­ng, Scheidung, Betrug, und die Sorgen eines unabhängig denkenden, offenen und modernen, britischen Teenagers. (4.3. Feierwerk Kranhalle)

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Intensive Erfahrunge­n: POLIÇA
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Industrial-soul-stimme: ALGIERS
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25 Jahre Powerpoppu­nk: ASH

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