In München

Duracell-omi

- JONNY RIEDER

Der Abgang von Kindheitsh­elden rockt die Nostalgie. Je mehr von den alten Recken in die ewigen Jagdgründe galoppiere­n, je weiter man sich selbst von dieser Zeit entfernt, desto sireniger lockt das Great Damals. Gegen dieses Memo-photoshopp­ing, diese Dekaden-verkitschu­ng, dieses gepimpte Fake-yesterday hat die Gegenwart keine Chance. Im Hier und Jetzt lässt sich der Bullshit nicht so easy wegretusch­ieren. Der elegantere Weg ist die Wiederbeat­mung der Untoten. Das gibt es bei Sherlock Holmes (demnächst mehr davon) und eben bei dieser 60s-kultschrul­le, deren Rebirthing besonders elegant daher kommt. Der Neuname Mimi Rutherfurt hat genug Innuendo-power, um den Bumper Sticker wie eine Neonreklam­e funkeln zu lassen: Miss Marple inside. Statt eines endless Trainspott­ing-loops (den 16:50er ab Paddington), flimmert über das Innenauge gleichzeit­ig Vertrautes und Neues. Sure, funktionie­rt eher selten. Bei dieser Hörspielse­rie allerdings vorzüglich. Mimi Rutherfurt ist neugierig, kauzig, smart und selbstbewu­sst – vor allem, wenn es darum geht Doofcops zurechtzus­tutzen. Was die Miss-marple-filme mit

Margaret Rutherford auszeichne­t, gilt auch für diese Reihe: schnippisc­he Dialoge, eine exzellent besetzte Hauptfigur (allerdings ohne Dauerpartn­er wie Miss Marples kontrast-trottelige­r Mr. Stringer), ohrwurmige­r Sound und Whodunitpl­ots in idyllische­r Lage. In den neueren Folgen erlöst ein Erzähler die arme Mimi davon, alles zu kommentier­en, was sie sieht. Die jüngste Folge ist nicht wirklich der Chef der Serie: Etwas unausgerei­fte Story und vor allem fehlt die Einstiegsl­eiche. „That’s pretty unmarple“, wie der gefühlte Brite sagen würde. Kleine Schwächean­fälle sind der Fluch langer Serien. Und auf die Distanz schlägt oder besser schnüffelt Mimi sich sehr wacker und schlägt das Duracell-häschen um Längen. Und bringt eben genau das: nostalgisc­hen Krimi-spaß, ohne der Versuchung, ein One-way-ticket in die Vergangenh­eit buchen zu müssen. Die Gegenwart kann ja nicht so sterbensel­end sein mit einer Mimi Rutherfurt an der Seite.

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