Gebremstes Höfesterben
2014 gaben 2,1 Prozent der Betriebe im Südwesten auf
(klw) - Der Strukturwandel in der Landwirtschaft im Südwesten geht gebremst weiter: Die Zahl der Betriebe ging im vergangenen Jahr nach neuen Hochrechnungen des Statistischen Landesamtes um 2,1 Prozent auf 41 600 zurück.
Vor allem kleine Nebenerwerbsbetriebe gaben auf, während die Zahl der größeren Bauernhöfe mit mehr als 200 Hektar Nutzfläche weiter anstieg. Weil die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Baden-Württemberg insgesamt in etwa gleich blieb, werden die Betriebe größer. Bewirtschaftete ein Bauernhof 1999 im Durchschnitt rund 23,5 Hektar, sind es 2015 bereits etwa 34,3 Hektar.
„Das Tempo des Strukturwandels hat in den letzten Jahren aber etwas abgenommen“, sagte Horst Wenk vom Landesbauernverband BadenWürttemberg der „Schwäbischen Zeitung“. Bis vor wenigen Jahren gaben noch zwischen drei und 3,5 Prozent der Höfe pro Jahr auf.
- Auch wenn sich das Höfesterben derzeit verlangsamt hat, geht der Strukturwandel auf dem Lande weiter: Vor allem die für Süddeutschland typischen kleinen Höfe geben auf – nach neuesten Hochrechnungen des Statistischen Landesamtes verschwanden allein im vergangenen Jahr 7,5 Prozent der Betriebe mit weniger als fünf Hektar Nutzfläche.
Dagegen nimmt die Zahl der Großbetriebe im Südwesten stetig zu: Aktuell gehen die Statistiker von 500 Höfen mit mehr als 200 Hektar Betriebsgröße aus. 1999 waren es gerade mal 144. „Die Betriebe müssen wachsen. Entweder quantitativ oder qualitativ“, fasst Horst Wenk vom Bauernverband den Trend zusammen.
„Das ist das größt angelegte Förderprogramm aller Zeiten für Baden-Württemberg, damit Täler nicht zuwachsen.“
Agrarminister Alexander Bonde
Zwar ist die durchschnittliche Betriebsgröße im Land wegen der vielen Nebenerwerbsbetriebe und der oft kleinflächigen Sonderkulturen nur bedingt aussagekräftig. Doch die Richtung ist klar: Seit 1999 hat sich die von Großbetrieben mit mehr als 100 Hektar bewirtschaftete Fläche mehr als verdoppelt. Diesen Trend werde auch die Landespolitik mit ihren Förderprogrammen nicht aufhalten können, ist er überzeugt. „Landwirtschaft ist ein Teil der Wirtschaft. Und überall in der Wirtschaft gibt es Strukturwandel.“
Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) sieht in den Bauern nicht nur Nahrungsproduzenten. Sondern auch Landschafts- und Naturschützer, deren Hege der Heimat vergütet werden soll. Aktuell würden vor allem Landwirte und Schäfer auf 34 000 Hektar als Vertragsnaturschützer arbeiten, besonders im Schwarzwald und beim Erhalt von Wacholderheiden oder Magerrasenflächen auf der Alb. Das seien 6500 Hektar oder 25 Prozent mehr als bei Antritt der grün-roten Regierung 2011, so Bonde. Allein für den Vertragsnaturschutz stünden innerhalb der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) zwischen 2014 und 2020 etwa 148 Millionen Euro bereit, 121 Millionen zahlt das Land, der Rest kommt von der EU. Unter Schwarz-Gelb (für die Förderperiode 2007 bis 2014) seien es nur 72 Millionen gewesen. LPR sei insgesamt sogar mit 343 Millionen Euro ausgestattet. „Das ist das größt angelegte Förderprogramm aller Zeiten für Baden-Württemberg, damit Täler nicht zuwachsen“, sagt Bonde mit einem Seitenhieb auf den Koalitionspartner SPD. Dessen Landeschef Nils Schmid hatte das Zuwachsen eines einzelnen Schwarzwaldtals 2012 als nicht schlimm beschrieben und erntet bis heute Ärger für den Spruch.
Preise für Milch und Obst fallen
Für Wenk sind diese Förderprogramme kein Allheilmittel. Die Politik könne unterstützen, doch am Ende müsse die Landwirtschaft vom Verkauf von Produkten leben. Er rechnet vor: Aktuell fördere die Landesregierung zwar 34 000 Hektar als Vertragsnaturschutzfläche – insgesamt bewirtschafteten die 41 600 Betriebe in Baden-Württemberg aber etwa 1,4 Millionen Hektar. Wichtiger für die Zukunft sei, wie sich langfristig die Weltmärkte für Produkte aus dem Südwesten entwickeln. Durch Wegfall der Milchquote und die Russlandsanktionen sind die Preise für Milchprodukte und Obst ins Rutschen geraten. Die Konjunkturabkühlung in China hat die Nachfrage nach deutschem Milchpulver einbrechen lassen. Wenn das derzeitig niedrige Preisniveau anhalte, werde dies den Strukturwandel beschleunigen, glaubt Wenk. Dann könnten am Ende Allgäuer Bauernhöfe wegen der Konjunkturdellen in China schließen.