Die Sache mit Leben und Tod
„Coconut Hero“– Komödie übers Erwachsenwerden mit Charme und Mutterwitz
Doch: Es gibt deutsche Filmkomödien jenseits des Schweighöfer-Elends, die nicht krachledern sind oder in denen Töchter von Til Schweiger mitspielen. „Coconut Hero“zum Beispiel ist ein kleines Juwel, unaufdringlich, aber nicht gefällig, emotional, aber ohne Kitsch, witzig, aber ohne Grobheiten.
Sein Held ist erst einmal vor allem kein Held: Mike trägt den schönen Nachnamen Tyson, ist aber weitestmöglich von jenem DampfhammerBoxer entfernt, der so heißt wie er. Mike lebt in Kanada, ist 16, mit einer nervigen Mutter geschlagen, während der Vater abgehauen ist. Und er ist todessüchtig – und damit ein ferner Verwandter von jenem Harold aus „Harold und Maude“, der mittlerweile sein Großvater sein könnte. Und so beginnt der Film damit, dass Mike sich mit einer Flinte erschießen will, seinen Kopf, ungeschickt, wie er ist, knapp verfehlt und nur leicht lädiert im Krankenhaus landet. Um dort beglückt zu erfahren, dass er einen Tumor im Kopf hat.
Doch der geplante Selbstmord, auch wenn er schiefgeht, ist in der Welt: Vorher hat er seine eigene Todesanzeige in der Zeitung aufgegeben, so dass jeder um sein Missgeschick weiß. Selbst sein Vater kehrt besorgt zurück. Wichtiger aber ist, dass Mike Miranda kennenlernt, die ihn auf eine ganze eigene, sanft-verrückte Art verzaubert. Und er entdeckt, dass das Leben vielleicht doch nicht so schlimm ist. Aber auch, dass der Tod weiter zum Leben gehört.
Eine deutsche Komödie, die in Kanada spielt und auch Anklänge ans amerikanische Independent-Kino in sich trägt. Regisseur Florian Cossen ist unter anderem in Kanada aufgewachsen und kennt das Land. Gedreht hat er mit weitgehend unverbrauchten Darstellern. Am bekanntesten ist vielleicht noch Sebastian Schipper als Mikes Vater, der Regisseur von „Victoria“, der gerade mehrere deutsche Filmpreise abgeräumt hat.
„Coconut Hero“ist ein Film übers Erwachsenwerden, den Cossen wieder mit seiner Co-Autorin Elena von Saucken geschrieben hat, mit der er schon seinen Erstling verfasst hat. „Mein Lied in mir“(2010) war ein sorgfältig konzipierter Film über die Nachwehen der argentinischen Diktatur. Die Anregung dazu hatte er während eines Aufenthaltes in Buenos Aires im Rahmen seines Filmstudiums gewonnen. Der Film erhielt mehrere Preise auf Festivals.
„Coconut Hero“ist sein zweiter langer Film, den er im Juni auf dem Filmfest München vorstellte und der dort sehr gut aufgenommen wurde. Verdient: Denn mit seinem originellen, leicht nerdigem und nie platten Witz erinnert er an Indie-Erfolge wie „Garden State“. Mike ist einer jener schusseligen Slacker-Typen, die sich in der Schule stets langweilen, immer etwas abwesend sind und vor allem wissen, was sie nicht wollen. Einen halben und ein ganzen Todesfall später weiß er dann, was er will. Mehr oder weniger.
Coconut Hero. Regie: Florian Cossen. Mit Alex Ozerov, Bea Santos, Krista Bridges, Sebastian Schipper. Deutschland / Kanada 2015. 97 Minuten. FSK ab 12.