Auf der Suche nach der Apfirne
In Osnabrück und München wollen Forscher eine Kreuzung aus Apfel und Birne züchten
(dpa) - Eine neue Frucht aus Apfel und Birne zu schaffen: Daran versuchen sich Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Nun gibt es Fortschritte auf dem Weg zu Birpfel oder Apfirne.
Werner Dierend, Professor für Obstbau an der Fachhochschule Osnabrück, geht durch einen langen Gang im Gewächshaus und zieht drei junge Bäumchen hervor. Links ein kleiner Apfelbaum, rechts ein kleiner Birnbaum. In der Mitte steht eine Kreuzung aus beiden Obstarten: ein Hybrid.
Erster Erfolg vor 30 Jahren
Äußerlich sieht der junge Baum fast so aus wie ein Apfelbaum. Nur die Blätter sind etwas anders und erinnern an einen Birnbaum. Die Früchte wiederum erinnern her an Äpfel. „Aber vom Geschmack und den Inhaltsstoffen können sie auch eher Birnen ähneln“, sagt Dierend.
Schon vor gut 30 Jahren ist es am Institut für gärtnerische Pflanzenzüchtung in Köln gelungen, Apfel und Birne miteinander zu kreuzen. Das Resultat war der „ZwintzscherHybride“, benannt nach dem Züchter Max Zwintzscher. Trotz dieses ersten Erfolges: Ein widerstandsfähiger, für den Obstanbau geeigneter Baum, der geschmacklich gute Früchte liefert, war diese Hybride noch nicht.
Guter Geschmack zählt
Danach nahm sich der Züchter Hermann Schimmelpfeng an der TU München der neuen Pflanze an. Er wollte die Zuchtarbeit von Zwintzscher fortführen. Da die Abteilung Obstbau an der Hochschule Osnabrück seit vielen Jahren Erfahrung mit der Neuzüchtung von Apfelsorten hat, kam vor einigen Jahren der Kontakt zur dortigen agrarwissenschaftlichen Fakultät zustande.
Dort arbeitet Dierend seit gut 13 Jahren mit der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) zusammen, in der fast 200 Erzeuger und Obstbaubetriebe aus dem Alten Land bei Hamburg versammelt sind. Beide Partner entwickeln gemeinsam neue Apfelsorten.
Inzwischen arbeiten die Forscher und Züchter an der dritten Generation der Apfel-Birnen-Hybriden. Die sogenannten F2-Hybriden werden mit anderen Apfelsorten und auch mit Geschwister-Hybriden gekreuzt. „Wir hoffen so, eine gute Fruchtqualität zu finden“, sagt Thilo Fischer. Da sei auch viel Glück mit im Spiel.
Gefahr für Allergien reduzieren
Gesucht werden nicht nur schmackhafte Früchte, sondern auch andere Eigenschaften, etwa eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten. Wenn es zum Beispiel gelingen würde, dank der genetischen Eigenschaften von Birnen Obstbäume zu züchten, die weniger anfällig für eine Infektion mit Apfelschorf sind, ließe sich der Pestizideinsatz reduzieren. Zusammen mit einem Partner sei auch ein Forschungsvorhaben zum Allergiepotenzial der Apfel-Birnen geplant, sagt Dierend.
Name noch nicht gefunden
Die Osnabrücker sind nicht allein bei der Suche nach einer Kreuzung zwischen Apfel und Birne. „Wir wissen, dass es auch in Neuseeland entsprechende Forschungen gibt“, sagt Dierend. Eine Expertin von dort sei bereits in Osnabrück zum Erfahrungsaustausch gewesen. In Deutschland fördert das Bundesforschungsministerium das Züchtungsprojekt für drei Jahre mit 200 000 Euro.
Bis es Resultate gibt, wird es wohl noch viele Jahre dauern. „Man braucht 15 bis 20 Jahre, bis eine neu gezüchtete Apfelsorte auf den Markt gebracht werden kann“, sagt Dierend. Erst dann werde man sich auch Gedanken machen, welchen Namen die neue Frucht bekommen soll.
Kunden wollen neue Sorten
„Das ist eine hochinnovative Geschichte“, sagt der Geschäftsführer der ZIN, Ulrich Buchterkirch. Die Obstanbauern erhoffen sich eine einzigartige Obstsorte, die bei der Kundschaft einschlägt. Im Obstanbau sei es wie bei vielen anderen Produkten auch: Die Kunden verlangen auch beim Obstkauf stets Innovationen.
Das war damals auch der Anstoß für die Gründung der ZIN: weniger abhängig zu sein von Neuzüchtungen aus dem Ausland, eigene Obstsorten auf den Markt zu bringen, die optimal auf die Produktionsbedingungen und die Verbrauchererwartungen auf dem deutschen Heimatmarkt abgestimmt sind.
„Die Konkurrenz aus dem Ausland ist absolut extrem“, sagt Buchterkirch. Eine vollkommen neues Obst könnte da ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein.