Die Geheimnisse des Kometen im Blick
Forscher bangen weiter um das Weltraumlabor „Philae“– Landeplatz heizt sich auf
(dpa) - Es wird heiß auf dem Kometen „Tschuri“und damit auch für den kleinen Landeroboter „Philae“, dem ersten von Menschen gebauten Gerät auf einem Kometen. Was wird aus dem Weltraumlabor, wenn sich „Tschuri“durch seine Nähe zur Sonne aufheizt?
Seit Monaten schauen Astronomen aus aller Welt auf „Philae“und seine Muttersonde „Rosetta“, die in Immenstaad bei Airbus Defence & Space gebaut wurde. Jetzt beginnt die Zeit des Kometen „Tschuri“: Der Brocken hat heute um 4.03 Uhr mit einer Entfernung von 186 Millionen Kilometern seinen nächsten Punkt zur Sonne erreicht. Das ist etwas mehr als der Abstand der Erde zur Sonne. Die Wärme verändert den Kometen: Seine Oberfläche wird heißer. „Tschuri“schleudert Gase und Staub ins All.
Spannende Phase beginnt
Diese Phase ist für die europäische Raumfahrtagentur Esa spannend. Seit elf Jahren ist die Raumsonde „Rosetta“im All, sie hat den kühlschrankgroßen Landeroboter „Philae“zum Kometen gebracht. Der landete am 12. November 2014 auf der Oberfläche. „Rosetta“blieb in der Nähe von „Tschuri“. Sie soll den Kometen beobachten.
Laut „Rosetta“-Flugdirektor Andrea Accomazzo dürfte die Aktivität des Kolosses im September 2015 am größten sein, also nach dem sonnennächsten Punkt. „Die Erwärmung von ,Tschuri’ dauert“, sagt der 45-Jährige in Darmstadt, von wo aus „Rosetta“ gesteuert wird. „Tschuri“besteht aus Gestein, Eis und Staub. Dass er in der Hitze auseinanderbricht, hält Accomazzo für „sehr unwahrscheinlich“.
Die Nähe zur Sonne sei auch für „Rosetta“kein Problem. Zu „Tschuri“werde die Raumsonde aber vorsichtshalber einen Sicherheitsabstand von mindestens etwa 200 Kilometern einhalten. „Rosetta“muss wegen der Gas- und Staubentwicklung des Kometen vorsichtig sein. Durch den Kometenstaub hatte die Raumsonde bereits im April Probleme mit der Orientierung.
Der größere Abstand von „Rosetta“zu „Tschuri“schmälere die Chancen für eine gute Verbindung zu „Philae“, sagt der „Philae“-Projektleiter am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Stephan Ulamec. Es gebe derzeit keinen verlässlichen Kontakt. Deshalb können die Forscher dem Roboter keine Kommandos für Experimente geben.
Woran liegt das? „Tschuri“landete im November anders als geplant an einem schattigen Platz auf dem Kometen. Dort war es zu kalt für die Elektronik, außerdem konnte der Lander seine Batterien nicht ausreichend mit Solarstrom aufladen. „Philae“hatte sich zuletzt am 9. Juli gemeldet und Informationen über seinen eigenen Zustand geliefert.
Zwei Monate bleiben noch
Die Forscher wollten von dem Landeroboter Bilder von dem Gelände bekommen, um zu sehen, ob sich die Umgebung seit der Landung verändert hat. Sie wollen organische Gase messen, die Temperatur bestimmen und Daten zur inneren Struktur nehmen. Kometenmaterial gilt als das wohl älteste Material des Sonnensystems. „Philae“sollte Proben davon analysieren und damit einen Blick in die Kinderstube des Systems erlauben. Zwei Monate bleiben noch. „Im Oktober, November sind wir so weit von der Sonne entfernt, dass keine Chance mehr besteht, den Lander zu aktivieren“, sagt der DLR-Mann.
Spannend bleibt es trotzdem. „Nächstes Jahr werden wir uns mit ,Rosetta’ deutlich näher an ,Tschuri’ heranwagen können“, sagt Esa-Flugdirektor Accomazzo. Das ermögliche schärfere Fotos. „Dann sehen wir, was sich dort verändert hat.“
Das Ende der „Rosetta“-Mission ist für September 2016 geplant. Dann hat „Rosetta“ausgedient. Die Sonde soll sich auf „Tschuri“niederlassen und Signale zur Erde senden. Die Chancen dafür seien zwar nicht unbedingt groß, meinte Accomazzo. „Aber wir werden es versuchen.“