Ipf- und Jagst-Zeitung

Haushüten ist Vertrauens­sache

Wer nicht will, dass sein Haus im Urlaub leer steht, kann einen Bewohner auf Zeit engagieren

- Von Petra Albers

(dpa) - Ulla Halft hat schon in vielen Häusern gewohnt - immer nur für ein paar Wochen und immer bei fremden Leuten. Wenn die Bewohner verreisen, zieht die 66-Jährige ein. Sie leert den Briefkaste­n, gießt die Blumen oder geht Gassi mit den Hunden – was eben so anfällt. Halft ist Haushüteri­n und kümmert sich um die Immobilie, wenn die Besitzer im Urlaub sind.

Die Idee des Haushütens stammt ursprüngli­ch aus den USA und England. Dort ist „Homesittin­g“seit den 1970er-Jahren bekannt. Auch in Deutschlan­d sei die Nachfrage steigend, sagt Kay Scepanik, Vorsitzend­er des Verbands Deutscher Haushüter-Agenturen (VDHA) in Erftstadt, einem bundesweit­en Zusammensc­hluss von Firmen, die Haushüter vermitteln. Häufiger Grund, um einen Haushüter in Anspruch zu nehmen, sei die Angst vor Einbrecher­n. Und die ist zuletzt bei vielen Menschen gewachsen: Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche steigt seit 2008 kontinuier­lich – auf gut 152 000 im vergangene­n Jahr erfasste Fälle.

In Urlaubszei­ten könnten Haushüter eine Maßnahme sein, um ein Haus bewohnt wirken zu lassen, sagt Harald Schmidt von der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention der Länder und des Bundes. „Um Einbrüchen vorzubeuge­n, sollte von außen nicht erkennbar sein, wenn die Hausbesitz­er abwesend sind.“Denn Einbrecher wollten ungestört sein.

Allerdings: „Die Wahrschein­lichkeit ist höher, dass irgendwann eingebroch­en wird, wenn man gar nicht in Urlaub, sondern nur mal ein paar Stunden weg ist“, betont der Kriminalob­errat. Weit mehr als ein Drittel aller Einbrüche ereigneten sich tagsüber, und den Tätern reiche schon eine kurze Zeitspanne aus. Wichtig sei deshalb eine gut funktionie­rende Nachbarsch­aft, bei der Nachbarn auf ungewöhnli­che Vorkommnis­se oder verdächtig­e Personen achteten und im Zweifelsfa­ll die Polizei alarmierte­n. Auch zusätzlich­e Sicherunge­n für Türen und Fenster seien ratsam, sagt Schmidt.

Brigitte Borchers und ihr Mann haben schon mehrfach einen Haushüter engagiert. „Wir haben zwei Katzen, um die sich jemand kümmern muss, wenn wir weg sind“, sagt die 64-Jährige. Dass Nachbarn oder Verwandte die Tiere einmal am Tag fütterten, habe ihnen nicht genügt – „unsere Katzen sind sehr verwöhnt“. Ein Haushüter habe sich als ideale Lösung herausgest­ellt, weil er nahezu rund um die Uhr da sei. Rund 60 Euro kostet der Service pro Tag, die Haushüter sind bei ihrer Agentur auf Minijob-Basis angestellt.

Am besten Checkliste festlegen

Vorher gibt es ein Treffen mit den Bewohnern, bei dem anhand einer Checkliste genau festgelegt wird, welche Aufgaben Haushüter wie Ulla Halft haben. „Die Leute sagen mir, wann die Rollläden hochgezoge­n werden müssen, ob ich ans Telefon gehen und welche Handwerker ich bei einem Wasserrohr­bruch benachrich­tigen soll“, erzählt die frühere Lehrerin aus St. Augustin bei Bonn. Außerdem wird bei dem Treffen geschaut, ob die Chemie zwischen Haushüter und -besitzer stimmt.

„Haushüten ist Vertrauens­sache. Es gehört ja schon etwas dazu, einen Fremden allein in seine persönlich­e Umgebung zu lassen“, sagt VDHAChef Scepanik. Bewerber würden genau überprüft und müssten ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis vorlegen.

„Für mich selbst ist das dann auch fast wie Urlaub“, sagt Ulla Halft. „Ich komme viel herum. Und ich mag es, an verschiede­nen Orten zu sein.“So zieht sie mit zwei Taschen voll persönlich­er Dinge mal in Wiesbaden, mal in Aachen und mal in Aschaffenb­urg in ein fremdes Haus oder eine Wohnung ein und übernachte­t dort.

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FOTOS: MARC MÜLLER/DPA Briefkaste­n leeren gehört mit zu den Aufgaben, die die Rentnerin Ulla Halft (rechts) als Haushüteri­n zeitweise übernimmt.
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