„Perspektive auf Zuwächse bei Aktien und Immobilien“
Hartwig Webersinke rät zu Substanzwerten
- Wer schon einmal eine Lebensversicherung als Altersvorsorge abgeschlossen hat, kennt das Kostenproblem wahrscheinlich. In den ersten Jahren ist die eingezahlte Summe der Beiträge oft erheblich niedriger als die garantierte Auszahlung. „Was viele vergessen: Der zum 1. Januar auf 0,9 Prozent gesenkte Garantiezins für Lebensversicherungen ist nicht gleichbedeutend mit einer Mindestrendite. Die Abschlussgebühren und laufenden Verwaltungskosten werden davon noch abgezogen“, sagt KarlHeinz Geiger, Geschäftsführer der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart GmbH mit Niederlassung in Ravensburg. Gerade in den ersten Jahren kann das bedeuten, dass trotz Garantie unter dem Strich ein Minus stehen bleibt. In Zeiten niedriger Zinsen, in denen das angesparte Kapital weniger abwirft, dauert es oft sehr lange bis überhaupt eine positive Rendite erzielt wird. Aber das gilt nicht nur für die Versicherungsbranche. Auch so mancher Fonds bringt letztendlich deutlich weniger ein. Anlegerthema des Monats Kosten der Geldanlage
Teure Sicherheit
Denn beim Kauf von Fonds zahlen viele Anleger sogenannte Ausgabeaufschläge, und für die Verwaltung der angelegten Gelder werden jährliche Gebühren fällig. „Gerade klassische Renten- oder Geldmarktfonds, die im Bereich der quasi-risikolosen Rendite anlegen, können im derzeitigen Umfeld nur noch geringe Erträge erwirtschaften“, weiß Anlagefachmann Geiger. Auch bei sicherheitsorientierten Mischfonds mit einer hohen konservativen Anleihenquote und einer kleineren Aktienbeimischung sind die Gebühren im Vergleich zu den momentan erzielbaren Renditen zum Teil zu hoch. Abzüglich der Kosten bleibt unter dem Strich oft kein Ertrag stehen. Aber was sind die Alternativen? Geld wie früher einfach auf dem Sparkonto bei der Bank liegen zu lassen, bringt bei den derzeitigen Minizinsen und einer gerade anziehenden Inflation ein sicheres reales Minus.
Günstige Alternativen
Schon beim Kauf ist es wichtig, die genauen Kosten von Finanzprodukten zu kennen und Anbieter zu vergleichen. „Alle Abschluss- und Eingangsprovisionen sind tödlich für ein Sparprodukt“, sagt Pia Bölingen, Finanzplanerin der Finum Private Finance AG in Biberach. „Das, was am Anfang aus dem Vertrag genommen wird, kann durch die aktuellen niedrigen Zinsen nie aufgeholt werden.“Wer etwa Fonds über eine Direktbank kauft, kann den Ausgabeaufschlag teilweise oder sogar ganz einsparen. Auch bei den laufenden Kosten gibt es große Unterschiede, denn mancher Aktienfonds hat eine Gesamtkostenquote von bis zu 2,5 Prozent im Jahr; andere liegen im Bereich von einem Prozent. Das muss ein Fondsmanagement unter den heutigen Marktbedingungen erst einmal verdienen, damit unter dem Strich ein Plus steht.
Oftmals sind passive Lösungen, die zum Beispiel den deutschen Aktienindex DAX oder den weltweiten MSCI World abbilden, die günstigere Wahl. „Wer lange sparen möchte, kann monatlich in sogenannte ETFs ohne Ausgabeaufschlag investieren“, rät Finanzexpertin Bölingen, „außerdem ist der Anleger unabhängig von Laufzeiten und Kündigungsfristen und kann jederzeit Geld entnehmen oder zusätzlich einzahlen.“Allerdings gibt es auch hier erhebliche Unterschiede in der Konstruktion und in den Kostenstrukturen einzelner Produkte.
Um Geld günstig in Eigenregie anzulegen, braucht es Finanzwissen – auch damit Risiken durch eine breite Streuung reduziert werden. Wer dafür keine Zeit hat, kann gut beraten sein, zunächst in professionelle Hilfe zu investieren. Aber statt bei Banken und Versicherungen versteckte Kosten zu bezahlen, lohnt es sich, eher auf direkte Expertenunterstützung zu setzen. Unabhängige Honorarberater bieten gegen transparente Bezahlung fachlich fundierten Rat. Bei langfristigen Sparvorhaben, etwa für die Altersvorsorge, geht es selbst bei kleinen monatlichen Beträgen, die über einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren angelegt werden, schnell um hohe Summen. Selbst kleine Kostenvorteile haben da eine große Wirkung. Am Anfang einige Hundert Euro in guten Rat zu investieren, kann auf Dauer viele Tausend Euro sparen.
- Hartwig Webersinke, Professor für Finanzdienstleistungen und Dekan der Wirtschafts- und Rechtsfakultät der Hochschule Aschaffenburg, sprach mit Florian Junker über die Bedeutung von Finanzwissen für ganz normale Anleger.
Herr Webersinke, deutet sich gerade ein Ende der Niedrigzinsphase an?
In Europa sehe ich das nicht und die leichte Zinserhöhung in den USA sollte nicht überbewertet werden. Mir fehlt die Fantasie, woher ein darüberhinausgehender Anstieg kommen sollte, den weder die Entwicklung der Konjunktur noch der Inflation derzeit erfordern. Denn auch der amerikanische Staat ist hochverschuldet und höhere Zinsen würden zu einer massiven Belastung führen.
Warum reicht es nicht mehr wie früher, mit Sparbuch und Lebensversicherung Geld zurückzulegen?
Es gibt bei Bankeinlagen wie Sparbüchern einfach keine reale Rendite mehr und wird es auch so schnell nicht mehr geben. Kapitallebensversicherungen, die in erster Linie Geld ansparen, können noch immer ein solider Baustein sein, allerdings ist es wichtig, die Kosten der Finanzprodukte zu kennen. Denn je niedriger das Ertragsniveau ist, desto höher ist die relative Bedeutung der Kosten.
Was kann der normale Sparer machen?
Er braucht unbedingt ein Substanzvermögen wie Aktien und Immobilien, denn nur hier gibt es derzeit eine Perspektive für Zuwächse. Dabei gilt es, die Risiken möglichst zu streuen, also zum Beispiel nicht wegen eines guten Tipps alles auf wenige Einzelwerte zu setzen. Langfristig wird man nicht durch Arbeit wohlhabend, sondern durch die richtige Vermögensallokation. Sich hier zu informieren und professionellen Rat zu suchen, lohnt sich. Noch immer haben rund 90 Prozent der Bundesbürger keine Aktien und viele wohnen zur Miete, so ist es schwierig, auf Dauer einen Vermögenszuwachs zu erzielen.
Haben die Deutschen keinen Mut, zu investieren?
Das ist ein großes Trauerspiel. Fünf Jahre Wachstum, drei Jahre Haushaltsüberschüsse und wir haben Angst. Noch immer setzen die meisten Deutschen auf Festgeld und festverzinsliche Papiere, die fast nichts mehr bringen. Wir kaufen keine Aktien und beschweren uns dann, wenn chinesische Investoren zuschlagen. Der Erfolg der deutschen Unternehmen, die international gefragt sind, geht so an uns vorbei.