Große Kunst im Kleinkunsttreff
Werner Koczwara arbeitet und albert sich durch deutsche Gesetzestexte
- Wieso heißt dieses Genre eigentlich Kleinkunst? Das war großes Kino, was der Gmünder Kabarettist Werner Koczwara vor fast 700 Zuschauern in der Aalener Stadthalle abgeliefert hat. Und trotzdem ist der bald 60-Jährige Träger des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg 2017 und gastiert beim Aalener Kleinkunsttreff. Aber es ist große Kunst. Sagt er selber.
Ausgewählte Texte aus den deutschen Gerichten sind Poesie, Dada, Literatur. „Das ist abstrakte Kunst, wahre Lyrik“, kommentiert er etwa ein Fundstück aus dem Eisenbahnkreuzungen-Gesetz – das gibt es wirklich, „große Kunst“. So zitiert er beispielsweise die hochrichterliche Erkenntnis, das ein nicht existierendes Urteil auch nicht zugestellt werden kann. „Das ist Landgericht Rostock – nicht Kafka.“Er erklärt, dass in der Aalener Stadthalle nicht gejagt werden darf. Überhaupt: Es ist spannend, wie Juristen einfachste Sachverhalte kompliziert zu erklären wissen bis hin zur, so Koczwara, „Hoffnung spendenden Botschaft: Schnee auf dem Autodach gehört dem Fahrzeughalter.“Gut zu wissen.
Deutsche Urteile und Gesetze sind wahre Fundgruben, wenn es um Wissenswertes geht. Auch aus der Tierwelt. Koczwara erzählt von schwulen Stieren, Feldmäusen, die kein Latein verstehen, der San-JoséSchildlaus, Insekten im Suppentopf und Esel, die in Hotels ihre Notdurft verrichten – und natürlich Moränen. Texte „von in sich ruhender, eingehender Logik“, fasst Koczwara zusammen.
Näher auf Koczwaras Programm „Einer flog übers Ordnungsamt“einzugehen, hieße, Eulen nach Athen zu tragen. Schließlich gilt der Gmünder als Erfinder des juristischen Kabaretts. In Aalen hat er sein Publikum mit seinem schnellen, dichten Vortrag früh auf seiner Seite, kann es sich hin und wieder sogar leisten, mit knitzem Blick vom „Oxford-schwäbisch“in den gutbürgerlichen Ostalb-Dialekt zu wechseln. „700 Zuschauer“, so wirft er eingangs einen Blick auf die Statistik, das bedeutet zehn Jahre Führerscheinentzug, eine halbe Million Euro Bußgelder wegen Verkehrsdelikten, fünf Jahre Haft auf Bewährung und zwei Jahre richtiger Knast – das ist mein Publikum.“
Übrigens: Der Mangel, dass beim Kleinkunsttreff entgegen der Ankündigung große Kunst geboten wurde, scheint nicht unbedingt geeignet, eine Minderung des Eintrittspreises geltend zu machen. „Logik ist ein anstrengender Vorgang“, sagt der Kabarettist einmal. Und bezieht sich dabei auf ganz aktuelle Ereignisse. Donald Trump mit Al Capone zu vergleichen sei nicht ratsam, sondern könnte als Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener gewertet werden. Diese Erkenntnis nehmen die Zuschauer als Mehrwert mit nach Hause. Am Freitag, 31. März, um 20 Uhr gastiert Werner Koczwara im Farrenstall Neuler mit seinem Programm „Für eine Handvoll Trollinger“. Kartenvorbestellung: Telefon 07961 / 9339990 (Familie Fuchs, Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr), E-Mail: kontakt@farrenstall.de. Vorverkauf: Gerstners Fruchtsäfte, Sulzdorfer Straße 2, Neuler, zu den üblichen Öffnungszeiten. Infos: www.koczwara.de oder www.gutes-kabarett.de