Vom Unvollendeten zum halb Vollendeten
Stefan Luitz zeigt beim Riesenslalom in Garmisch-Partenkirchen als Dritter seine Klasse
(SID/ dpa) - Stefan Luitz wurde plötzlich ein wenig hektisch. Der Allgäuer aus Bolsterlang hatte sich mit Platz vier abgefunden und seine Skier und Stöcke längst weggelegt. Doch mit einem Mal benötigte er sie dringend: Er musste zur Siegerehrung, als Dritter beim stimmungsvollen und packenden Weltcup-Riesenslalom auf der unglaublich herausfordernden Kandahar in Garmisch-Partenkirchen. Und weil Felix Neureuther trotz seines lädierten linken Knies ausgezeichneter Sechster wurde, war es eine gelungene Generalprobe für die WM in St. Moritz (6. bis 19. Februar).
Vor allem Luitz konnte sein Glück kaum fassen. Zweiter war er, als Marcel Hirscher (Österreich) und Alexis Pinturault (Frankreich) noch droben am Start standen, „und dann muss man davon ausgehen, dass es der vierte Platz wird, und damit wäre ich auch zufrieden gewesen“, beteuerte der Mann vom SC Bolsterlang. „Dass es jetzt der dritte Platz wird – Wahnsinn!“Der Wahnsinn war es, weil der zunächst führende Pinturault patzte und hinter den wieder mal überragenden Hirscher, den Überraschungszweiten Matts Olsson aus Schweden und um 0,10 Sekunden auch hinter Glückspilz Luitz zurückfiel. „Es war ein harter Kampf. Ich bin überglücklich über das Podest. Es ist mein schönstes, weil ich es bei einem Heimrennen gefahren habe“, verriet dieser.
Wie schon so oft war Luitz in seinem Lauf an der Grenze zum Ausscheiden gewesen, rettete sich aber ins Ziel – und war schnell. „Wenn ich fehlerfrei runterfahre, dann bin ich langsam“, erklärte der 24-Jährige. „Ich habe mir gedacht: ,Volle Attacke!‘ Ich hab’ teilweise geschwitzt, weil es doch knapp war. Unten haben die Schenkel gebrannt, ich hab’ gar nichts mehr gedacht.“
„Das war ein richtig gutes Rennen von uns, wir können absolut happy sein“, sagte auch Neureuther, der allerdings nicht rundum happy aussah. Eine Kapselzerrung im linken Knie hatte seinen Start zunächst arg infrage gestellt, dann bekam das lädierte Gelenk auch noch einen heftigen Schlag im zweiten Lauf ab – den Start beim Parallelslalom am Dienstagabend in Stockholm wird Neureuther sich schenken. „Momentan macht Stockholm keinen Sinn“, sagte er nach dem Rennen, mit dessen Resultat er „sehr, sehr zufrieden“war.
Für Stefan Luitz war es erst die vierte Platzierung auf dem Podium – die erste seit Dezember 2014. Weil er zu oft zu wenig gemacht hat aus seinem Talent, nannte ihn Skiverbandsalpindirektor Wolfgang Maier bisher „meinen Unvollendeten“. Vollendet sei Luitz nun nicht, sagte Maier am Sonntag, „halb vollendet“aber schon – Maier fand Luitz’ Leistung „tiptop“, wusste aber auch: „Wir haben Glück gehabt. Pinturault wäre nicht zu biegen gewesen.“Hirscher war es ohnehin nicht: Beim 100. österreichischen Riesenslalom-Sieg im Weltcup hatte er 1,50 Sekunden Vorsprung auf Olsson und 1,95 auf Luitz.
Körperspannung vermisst
Ziemlich missraten war die WM-Generalprobe der deutschen Abfahrer – „nein, ich war nicht zufrieden“, sagte Cheftrainer Mathias Berthold über das Trio, das er mit nach St. Moritz nehmen wird. In den beiden Rennen auf der Kandahar war Andreas Sander (Ennepetal) 14. und einmal 15., Josef Ferstl (Hammer) 20. und 31., Thomas Dreßen (Mittenwald) 39. und 32. „Das war zu wenig“, bemängelte Berthold und betonte, er habe bei seinen Läufern die nötige „Körperspannung“vermisst.
In den kommenden Tagen werden die Abfahrer zurückkehren auf die Kandahar, um zu trainieren und Material zu testen. Und dann heißt es, so betont Berthold: „Gas geben in St. Moritz.“