Banken-Filialsterben geht weiter
Institute reagieren auf Kundenverhalten – Standardgeschäfte werden online abgewickelt
(dpa/ben) - Die Wege der Bankkunden zu den Filialen in Baden-Württemberg werden künftig im Schnitt weiter. Die Chefs des Sparkassenverbandes und des für Volks- und Raiffeisenbanken zuständigen Genossenschaftsverbandes (Geno) bekräftigten, dass künftig vor allem kleine Filialen mit ein bis zwei Mitarbeitern auf dem Land geschlossen werden. „Wir haben in der Vergangenheit bei den Filialen moderat abgebaut, das wird sich etwas beschleunigen“, sagte Peter Schneider, Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands. GenoPräsident Roman Glaser erklärte: „Der Anpassungsprozess wird auch bei uns weitergehen, aber es wird keinen Kahlschlag geben.“
Jüngsten Zahlen zufolge sank die Zahl der Zweigstellen der Volks- und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg seit 2014 um 206 auf 2025, also um 9,2 Prozent. Unter Zweigstellen versteht man Bankfilialen, in denen Menschen arbeiten. Zugleich stieg die Zahl der reinen Selbstbedienungsstellen um elf auf 603 (plus 1,9 Prozent). Insgesamt betreiben die 193 selbstständigen Volks- und Raiffeisenbanken aktuell 2821 Filialen. Bei den 51 selbstständigen Sparkassen geht die Entwicklung in dieselbe Richtung: Die Sparkassen unterhalten aktuell 1747 Zweigstellen. 2014 waren es noch 2003, damit lag das Minus bei 12,8 Prozent. Hinzukommen 402 reine Selbstbedienungseinrichtungen (2014: 370; plus 8,7 Prozent).
Das Filialsterben betrifft die ganze Bankenbranche. Auch Privatbanken wie die Deutsche Bank sowie die BWBank, die in Stuttgart eine Art Sparkasse ist, sind auf Filialschließungskurs. Als Gründe nennen Schneider und Glaser veränderte Gewohnheiten der Kunden. „Im Schnitt kommen unsere Kunden nur etwas mehr als einmal im Jahr in unsere Filialen, zugleich sind sie aber über das Internet viel häufiger als früher mit uns in Kontakt“, sagt Sparkassen-Verbandspräsident Schneider.
Kunden, die heutzutage an einen Bankschalter kommen, wollten kein „Allerweltsgeschäft“mehr abwickeln, etwa Auszahlung oder Überweisung. „Sie wollen über die Altersvorsorge reden oder eine Kreditfinanzierung – da bedarf es qualifizierter Beratung“, sagt Schneider. Daher werde man auf größere Filialen setzen, wo umfassende Beratung von qualifiziertem Personal möglich sei. Geno-Chef Glaser sieht es ähnlich: „Wir werden in den verbliebenen Filialen mehr qualifizierte Kundenkontakte haben, während das Standardgeschäft immer mehr auf elektronischem Weg abgewickelt wird.“
Schneider bewertet den Trend weg von kleinen Filialen als betriebswirtschaftlich zwingend: „Es gibt natürlich den einen oder anderen, der sich wegen einer Bankfilial-Schließung beklagt – aber die Mehrzahl der Kunden sieht die Notwendigkeit für die Veränderung ein.“Dank des weiteren Ausbaus der digitalen Wege sei man sehr gut verbunden mit der Kundschaft. Zugleich räumt er ein, dass vor allem Ältere auf gewohnte Wege zur Bank setzten und die Internetangebote weniger stark nutzen. „Wir werden weiterhin auch für diejenigen da sein, die ihre Bankgeschäfte nicht online machen wollen“, sagt Schneider.
Internet als größte Filiale
Erst vor wenigen Tagen kündigte die Kreissparkasse Ravensburg an, in den kommenden drei Jahren 16 ihrer heute 51 Filialen zu schließen. Vor allem in kleinen Filialen auf dem Land habe es im Schnitt „nur noch drei Geschäftsvorfälle pro Stunde“gegeben, erläutert der Vorstandschef des Instituts Heinz Pumpmeier die Gründe. „Das Internet ist schon jetzt mit großem Abstand unsere größte und wichtigste Filiale“, sagt Pumpmeier.
Ravensburg ist kein Einzelfall: Im Landkreis Sigmaringen hat die Hohenzollerische Landesbank Kreissparkasse im vergangenen Sommer acht ihrer Filialen geschlossen. Die Raiffeisenbank Laupheim-Illertal schließt bis April neun weitere Niederlassungen, nachdem das Institut bereits 2016 fünf Filialen dicht gemacht hatte. Auch im Main-TauberKreis sowie im Landkreis Ludwigsburg hatten sowohl Sparkassen als auch Genossenschaftsbanken in den vergangenen zwölf Monaten bei einigen ihrer Niederlassungen die Türen für immer geschlossen.