Mögliche Vetternwirtschaft im EU-Parlament belastet Schulz
Der Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments arbeitet an einem Fragenkatalog, mit dem die Amtsführung des ehemaligen Präsidenten überprüft werden soll. Martin Schulz (SPD) stand bis zu seinem Wechsel nach Berlin fünf Jahre an der Spitze des Hauses. Aus den Reihen der Grünen und der Linkspartei wird er schon lange dafür kritisiert, enge Gefolgsleute mit hohen Verwaltungsposten versorgt zu haben. Nun erhebt auch die CDU-Abgeordnete Inge Gräßle, Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Vorwürfe.
„Das ist Vetternwirtschaft pur – er hat genau das getan, wofür wir afrikanische Politiker so gern kritisieren“, sagte sie kürzlich der „Times on Sunday“. Jetzt legte Gräßle nach: Sie warf Schulz vor, das Europaparlament mit einem Netz von Getreuen überzogen zu haben, die oft nicht qualifiziert genug gewesen seien.
Als Beispiel nennt Gräßle Herwig Kaiser, der vom Theaterdramaturgen zum Chef der Personalverwaltung befördert wurde. Aus Überforderung habe sich der Mann vergangenen Dezember das Leben genommen. Seinen Sprecher und treuen Begleiter Armin Machner habe Schulz noch kurz vor Ende seiner Amtszeit auf einen Direktorenposten gehievt. Auch für Markus Engel, der nun Schulz’ Bundestagswahlkampf managen soll, habe er die Regeln so gedehnt, „dass möglichst viel Manna vom Himmel fällt“. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley reagierte empört auf die Vorwürfe. „Wo sie nichts Neues finden, gehen sie auf den Mitarbeiter. Das finde ich nun wirklich perfide“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Aus SPD-Sicht sei alles korrekt verlaufen.
Barley wehrt sich: „Diffamierung“
Barley wirft der Union „Diffamierung“vor. Die Generalsekretärin wittert in den Vorwürfen die Vorboten einer möglichen Schmutzkampagne. Seit der Nominierung von Schulz als Kanzlerkandidat sind die Umfragewerte der SPD gestiegen.
Ob sich Schulz in einer rechtlichen Grauzone bewegt oder aber geltendes Recht verletzt hat, steht noch nicht fest. Gräßle fordert, dass EU-Parlamentspräsidenten in Zukunft strenger kontrolliert werden. Schulz habe sich gelegentlich mit dem Privatflugzeug zu Terminen bringen lassen – das habe sein Vorgänger Jerzy Buzek (CDU) nie getan. Karriereschritte seien nicht nach Leistung, sondern „nach Vitamin B“erfolgt. „Da war ein totalitäres System am Entstehen. Es darf in Zukunft nicht mehr passieren, dass jemand fünf Jahre am Stück dieses Amt bekleidet.“
Gräßle sieht eine mangelnde Kontrolle auf europäischer Ebene: „Das ist Europa, da funktioniert die Medienlandschaft nicht, da kann vieles unter der Decke gehalten werden.“Sollten die Vorwürfe der Überprüfung standhalten, könnte der strahlende Höhenflug des Kandidaten in Berlin ein jähes Ende finden.