Alte Stadtmauersteine für neues Wohnen
Werner Mayer und Baubürgermeister Julius Mihm bringen reizvolle Idee ins Spiel / Historisches Abbruchmaterial wird gesichtet
- Vielerorts in Gmünd gibt es Hinweise, dass im 19. Jahrhundert mit reichlich Abbruchmaterial der ausgedienten Wehrmauer der Freien Reichsstadt Gmünd Neues gebaut wurde. Doch auch diese Bauwerke sind nun in die Jahre gekommen. Die Chance für eine originalgetreue Teilrekonstruktion der früheren Stadtbefestigungen?
Werner K. Mayer wird in Schwäbisch Gmünd nicht nur als Vorsitzender des Salvator-Freundeskreises sehr geschätzt, sondern auch als Historiker und Geologie-Experte. Was ihm aktuell neben dem Salvator auch sehr am Herzen liegt, ist der bevorstehende Abbruch der früheren Förderschule Sankt Bernhard im Taubental. Mayer hat festgestellt, dass das Schulgebäude sowie die Kirche und das Domizil der Pallottiner (die Patres lebten dort und betreuten die Förderschule für Aussiedlerkinder) auf einem historischen Fundament steht. Bei diesen weitläufigen Gängen und Kellergewölben handelt es sich ganz offensichtlich um die Überbleibsel der Wirtschaft mit Biergarten „zum Hahnenkeller“, die hier bis zum Jahre 1926 betrieben wurde und Taubental-Spaziergänger erfreute. Die Pallottiner erwarben das Anwesen, bauten es um und erweiterten dieses schließlich mit einem Schulneubau.
Was nun Mayer als Besonderheit entdeckt hat, ist die Bauweise der Kelleranlage mit auffallend dicken und behauenen Quadern. Nach Anschauung des Experten handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um Steine, die beim Bau der Gmünder Stadtmauer verwendet wurden. Die im 18. und 19.Jahrhundert nutzlos gewordenen Wehranlagen wurden vor allem im Zuge der beginnenden Industrialisierung und schließlich des Baus der Remsbahn (um 1860) abgebrochen. Die gewaltigen Mengen an Abbruchmaterial bildeten nichts anderes als einen idealen Steinbruch, um damit wieder andere Bauwerke zu errichten. Mancherorts tauchen diese Mauerreste im Stadtbild auf. So auch bei der Umfassung des Zeiselbergs, der bei der Remstalgartenschau 2019 das Gmünder Leuchtturmprojekt werden soll. An einigen der Quader, die in der Zeiselbergmauer verbaut sind, sind sogar die markanten Zangenlöcher sichtbar. Sie dienten dazu, um einem zangenförmigen Greifarm Halt zu geben. Mit einem Kran oder einer einfachen Umlenkrolle wurden die zentnerschweren Steine in die Höhe gezogen. Dass diese in nur niedriger Höhe am Fuß des Zeiselbergs verbauten Quader solche Zangenlöcher aufweisen, wirkt unlogisch. Also müssen sie zuvor Bestandteil anderer, höherer Bauten gewesen sein.
Historisches Material sorgsam abtragen
Werner Mayer wirbt nun bei der Stadtverwaltung dafür, dass bei Abbrucharbeiten, konkret nun in Sankt Bernhard, dieses historische Stadtmauermaterial sorgsam abgetragen und gesichert wird. Bei Baubürgermeister Julius Mihm rennt er damit offene Türen ein. Mihm beschäftigt sich gemeinsam mit einem Investor mit dem Projekt „Wohnen an der Stadtmauer“, bestehend aus einer Art Reihenhausbebauung mit Neubau eines Torturms in Anlehnung an den früheren Verlauf der Stadtmauer. Wie er bestätigte, wolle er das nun zur Verfügung stehende Abbruchmaterial zunächst sichten und nach Möglichkeit sichern. Und er wolle dem Investor vorschlagen, bei der geplanten Neubebauung im Sinne einer Teilrekonstruktion der Stadtmauer mit den Originalsteinen zu gestalten.