Verspieltes Vertrauen
Der Grundsatz stammt aus dem römischen Recht und ist 2000 Jahre alt: Pacta sunt servanda. Auf Deutsch: Verträge sind einzuhalten. Die Bausparkassen haben sich nicht daran gehalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihnen das Bürgerliche Gesetzbuch nach Paragraf 489 ein Sonderkündigungsrecht zugesteht. Entscheidend ist alleine das, was Bausparer und Bausparkasse miteinander vereinbart haben – sprich, was in den von beiden Seiten unterzeichneten Bausparverträgen steht.
In den meisten Altverträgen, um die es in dem seit Langem schwelenden Streit geht, gibt es keine Klauseln zu einem Sonderkündigungsrecht durch die Bausparkasse. Auf dem Papier, das die Bedingungen des Pakts zwischen den beiden Vertragspartnern festhält, hat der Kunde also sehr wohl das Recht, den Vertrag als Sparanlage zeitlich unbefristet zu nutzen.
Die Kassen haben die fraglichen Verträge über viele Jahre sogar als reine Sparanlage verkauft. Sie haben damit geworben, dass man Zinsen und staatliche Förderung kassieren könne, das Darlehen aber nicht abrufen brauche. Für die Anbieter war das attraktiv: Die von den Bausparkassen zu zahlenden Guthabenzinsen waren niedrig – und wenn der Kunde das günstige Darlehen dann am Ende nicht in Anspruch nahm, sparten Schwäbisch Hall, LBS und Co quasi doppelt.
Betrachtet man den Kampf der Kassen um die Sonderkündigung der Altverträge vor diesem Hintergrund, wird klar, worum es eigentlich geht: Es geht um die einseitige Kündigung eines von zwei Seiten geschlossenen Vertrages, weil sich die Bedingungen für eine Seite verschlechtert haben. In Zeiten der niedrigen Zinsen von EZB-Chef Mario Draghi funktioniert der Bausparvertrag für die Kassen nämlich nicht mehr so wie früher: Die Darlehenszinsen sind sowieso niedrig, die in den Altverträgen festgeschriebenen Zinsen für Anleger aber plötzlich sehr attraktiv.
Die Konsequenz der Bausparkassen: Sie trennen sich von ihren Kunden, weil diese unprofitabel werden. Dabei verspielen sie das, was Finanzinstitute in Zeiten wie diesen am allermeisten brauchen: Vertrauen. b.wagener@schwaebische.de