Diesel-Fahrverbote in Stuttgart ab 2018
Stickoxid-Werte vielerorts zu hoch – Landesregierung will Blaue Plakette in drei Jahren
- Im Kampf gegen den Feinstaub in Stuttgart hat sich die Landesregierung auf Fahrverbote für alte Diesel ab kommendem Jahr geeinigt. Das erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag nach dem entsprechenden Beschluss im Kabinett. Die Fahrverbote sollen an Feinstaubtagen gelten, bis – so das Ziel – ab 2020 eine Blaue Plakette in Kraft tritt. Diese könnte nicht nur das Feinstaub-Problem in der Landeshauptstadt in den Griff kriegen, sondern auch die zu hohen Stickoxid-Werte in anderen Städten.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) plädiert schon lange dafür, die Umweltzonen in BadenWürttemberg um eine Blaue Plakette zu ergänzen. Gegenwind bekommt er bisher von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), etlichen SPD-Politikern anderer Länder – aber nicht mehr von der CDU im eigenen Land. „Es gibt keinen Artenschutz für alte Diesel“, verkündete Hermann am Dienstag in Stuttgart. Um die Luft im Stuttgarter Talkessel deutlich zu verbessern, trägt die CDU Fahrverbote für Diesel, die nicht der Euro-6-Norm entsprechen, ab 2018 mit. Die Regierung muss handeln – Klagen vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart und der EU-Kommission laufen. So erklärte auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart: „Im Ergebnis handelt es sich um ein verhältnismäßiges Gesamtpaket, das den rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung trägt.“
Ausnahmen für Handwerker
Das Verbot für Diesel ohne Abgasnorm Euro 6 an Feinstaubtagen ist eine von vielen Maßnahmen zur Luftreinhaltung – darunter mehr Busverbindungen, schnelleres Umrüsten von Fahrzeugflotten von Stadt und Land sowie flexible Tempolimits in der Stadt. CDU-Fraktionschef Reinhart betonte Ausnahmeregelungen für Handwerker und Baustellenfahrzeuge wie auch Härtefallregelungen für Anwohner. Aber, so Hermann: „Wir dürfen die Maßnahme nicht aushöhlen.“Daher würden auch nicht alle Anwohner ausgenommen.
Stuttgart ist aber bei Weitem nicht die einzige Stadt mit zu schlechter Luft. Laut Daten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Daten Baden-Württemberg (LUBW) haben viele große und auch kleine Städte im Land ein Stickoxid-Problem. Die von der grün-schwarzen Landesregierung angestrebte Blaue Plakette ab 2020 könnte neben der Feinstaubauch die Stickoxid-Belastung in den Griff bekommen.
Beispiel Ravensburg: Entlang der vielbefahrenen Schussenstraße sind im vergangenen Jahr an drei Punkten die Stickoxid-Werte gemessen worden. Der Jahresmittelwert lag mit 52 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft deutlich über dem Grenzwert. Der darf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Bislang gibt es in Ravensburg keine Umweltzone und damit auch keine Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuggruppen. Die Stadtverwaltung äußert sich auch jetzt skeptisch zur Blauen Plakette ab 2020. „Umweltzonen würden gar nicht so viel bringen“, sagte Baubürgermeister Dirk Bastin jüngst der „Schwäbischen Zeitung“.
Auch in Schwäbisch Gmünd waren die Stickoxid-Werte 2016 laut LUBW-Messungen in der Remsstraße zu hoch, nämlich bei 43 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. „Wir beobachten die Diskussion gerade um die Blaue Plakette sehr aufmerksam“, sagt ein Sprecher der Stadt. Nachdem die Stadt das ehemals massive Feinstaub-Problem dank eines neuen Tunnels aber in den Griff bekommen habe, seien Stickoxide derzeit jedoch politisch kein Thema.
Merkel soll helfen
Die Landesregierung kämpft nun zweigleisig für die Blaue Plakette. Eine Bundesratsinitiative liege derzeit beim Umweltausschuss, so Hermann. Parallel werden Kretschmann und sein Vize Thomas Strobl (CDU) bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorstellig. Sie soll die Bundesregierung überzeugen, dass die Blaue Plakette kommt. Dann dürften ab 2020 keine Benziner unter Euro-3 und keine Diesel unter Euro-6-Norm mehr durch Stuttgart fahren.