Wettlauf mit der Zeit
Zahnverletzungen bei jedem zweiten Kind – Rettungsbox als optimale Lösung
(dpa) - Bei Sport und Spiel, bei einem Unfall oder einer Schlägerei kann es passieren: Ein Stück Zahn bricht ab. „Jedes zweite Kind erleidet bis zum 16. Lebensjahr ein Zahntrauma“, sagt Dietmar Oesterreich von der Initiative proDente und Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. „Dabei sind in 70 Prozent der Fälle die mittleren Schneidezähne des Oberkiefers betroffen“, erklärt er weiter.
Bei Kindern kommt es dabei häufiger vor, dass der ganze Zahn mitsamt Wurzel ausbricht. Bei ihnen ist der Knochen noch recht weich, sodass der Zahn schneller herausfällt, erklärt Yango Pohl von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kiefernheilkunde in Düsseldorf. Als Laie könne man nicht immer erkennen, was herausgebrochen ist: nur ein Stück Zahn, eine Füllung, der ganze Zahn oder eine Krone, erklärt Christian Öttl vom Freien Verband deutscher Zahnärzte. Auch können Zähne erschüttert oder gelockert sein.
In jedem Falle müssen Betroffene umgehend einen Zahnarzt aufsuchen. Entscheidend ist es dabei, die Zahnteile einzusammeln und zum Arzt mitzubringen. Teile der Zahnkrone können meist wieder an den Zahn angeklebt werden. Auch bei ausgeschlagenen Zähnen kann es möglich sein, sie wieder in den Kiefer einzusetzen. Damit dies möglich ist, müssen die Zahnteile richtig gelagert werden, bis man beim Arzt eintrifft. Dabei kommt es auf jede Minute an.
Die Bruchstücke dürfen auf keinen Fall gesäubert werden, weder mit Wasser noch mit Alkohol. Sie dürfen aber auch nicht austrocknen, denn sonst halten sie schlechter und verfärben sich mit der Zeit, wie Pohl erklärt. Ist die Wurzel des Zahns mit ausgebrochen, darf der Zahn nur an der Krone angefasst werden. Denn an der Wurzeloberfläche sitzen Zellen, die empfindlich sind und an trockener Luft binnen drei bis fünf Minuten absterben, so Pohl.
Idealerweise wird der verloren gegangene Zahn in eine Zahnrettungsbox gegeben. Diese kleinen Gefäße sind in Apotheken erhältlich. Sie enthalten eine Zellnährlösung, die das Gewebe auf der Wurzeloberfläche erhält. „So kann der Zahn wieder in sein Knochenfach gesetzt werden, und die erhaltenen Zellen können für ein Anwachsen des Zahns sorgen“, erläutert Oesterreich.
H-Milch als alternatives Transportmittel
Nun ist die nächste Apotheke nicht immer gleich um die Ecke. Da könnte man denken, die Zahnbruchstücke seien in ihrer natürlichen Umgebung, also im Mund, am besten verwahrt. Sind sie aber nicht: Denn auf dem Weg zum Arzt kann es passieren, dass man die Teile aus Versehen verschluckt oder einatmet.
Besser ist der Transport in einer Plastiktüte oder Plastikfolie oder in H-Milch. „Sie ist keimfrei, sollte aber gekühlt und fettarm sein“, rät Pohl. Hat man die Zahnrettungsbox gekauft, kommen die Zahnstücke dort hinein. Beim Zahnarzt zeigen Röntgenaufnahmen, inwieweit der Zahn, die Wurzel und seine Umgebung beschädigt worden sind. Der Arzt kann feststellen, ob der Zahnnerv verletzt ist. Auch besteht die Gefahr, dass Bakterien in die Dentinkanälchen eindringen. Der Mediziner prüft durch Klopfen und einen Kältetest, ob der Nerv reagiert. Ist er verletzt, kann er sich entzünden und absterben. „Der Zahnarzt entscheidet, ob er den Nerv mit einem speziellen Medikament abdeckt und ob auch eine Wurzelbehandlung nötig ist“, sagt Oesterreich. „Bei Längsfrakturen oder einem ungünstigen Bruch der Wurzel ist der Zahn aber kaum noch zu retten.“
Schäden machen sich oft erst mit der Zeit bemerkbar
Ist nur eine Ecke des Zahns abgebrochen und der Zahn nicht weiter geschädigt, kann diese meist mit zahnärztlichem Kunststoff angeklebt werden. Auch in den Tagen nach dem Ausbrechen des Zahns muss der Patient zur Nachkontrolle. Denn Schäden können sich auch erst mit der Zeit bemerkbar machen, zum Beispiel, wenn der Nerv erst Wochen später abstirbt, weil Bakterien eindringen.