Auf schwieriger Mission
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt Ägypten Unterstützung bei Flüchtlingen und im Kampf gegen Terror zu
Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist der Besuch ein Spagat: Die Menschenrechtslage in Ägypten ist schwierig, aber sie braucht Kairo für die Bewältigung des Migrationsthemas. Ihr Blick beim Abschreiten der Ehrengarde (Foto: AFP) spricht Bände – die Gespräche werden nicht einfach.
KAIRO - Als Angela Merkel (CDU) am Nachmittag in Kairo vom ägyptischen Staatsoberhaupt Abdel-Fattah Al-Sisi empfangen wird, beginnt die schwierige Nordafrika-Mission der Bundeskanzlerin. Ägypten und Deutschland seien „durch eine sehr, sehr lange und besondere Geschichte miteinander verbunden“, lobt Merkel. Ein Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit solle diese Partnerschaft vertiefen. Deutschland liege bei den Investitionen nicht in der Spitzengruppe. Merkel sieht noch Luft nach oben beim Engagement.
Wer Klartext zum Thema Menschenrechtsverletzungen erwartet hatte, wird enttäuscht. Rechtsstaatlichkeit und eine vielfältige Zivilgesellschaft seien für die Entwicklung eines Landes von großer Bedeutung, sagt Merkel vor den Kameras, viel mehr aber auch nicht. Gemeinsam sei man auf der Suche nach einer Lösung für Libyen, wolle die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise intensivieren, etwa durch technische Hilfe bei der Grenzsicherung. Das Land habe 500 000 Menschen aus Syrien und noch weitaus mehr aus dem Sudan und anderen afrikanischen Ländern aufgenommen. „Deshalb haben wir hier eine gemeinsame Aufgabe, auch das Schicksal der Flüchtlinge zu verbessern“, erklärt Merkel.
Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ägypten soll deutlich verbessert werden, um das Land zu stabilisieren. Schließlich gilt es, Fortschritte in der Flüchtlingspolitik zu erreichen. Ägypten sei „ein wichtiger Partner“, ein „Stabilitätsanker in der Region“, lobt Merkel. Ob Nahostkonflikt, der Kampf gegen den Terror des „Islamischen Staates“oder das Chaos in Libyen, das Berlin und Brüssel alarmiert – die Kanzlerin setzt auf Präsident Abdelfattah Al-Sisi.
Merkels Hauptziel in Kairo: Eine enge Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik mit die ägyptischen Regierung, die die Entstehung einer neuen Flüchtlingsroute aus Nordafrika über das Mittelmeer nach Europa verhindern soll. Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht. „So weit sind wir noch nicht“, sagt die Kanzlerin.
Laut ägyptischer Führung gibt es derzeit mehrere Millionen Flüchtlinge im Land. Kein Flüchtlingspakt wie mit der Türkei sei das Ziel, wie die Kanzlerin versichert, sondern ein Zehn-Punkte-Plan. Dazu soll der Kampf gegen kriminelle Schleuser gehören, die Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen, stärkere Rückführung und freiwillige Rückkehr, der Aufbau eines Asylsystems in Ägypten, legale Zuwanderung sowie engere wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Ägypten erlebt eine sehr schwierige wirtschaftliche Zeit. Die Armut ist groß. Ein Drittel der Bevölkerung hat weniger als zwei Dollar am Tag zum Leben. Präsident al-Sisis Reformbemühungen zeigen bisher keine Wirkung.
Stiftungen dürfen wieder arbeiten
Kein Wort mehr von der Kanzlerin über die Pläne für Flüchtlings-Auffanglager in Nordafrika. Weder in Kairo noch heute in Tunis steht das Thema auf der Tagesordnung.
Später dann gibt es Bilder, die sich der ägyptische Präsident und die deutsche Kanzlerin wünschen: Start des neuen Siemens-Kraftwerks am Nil. Die 14-Gigawatt-Anlage „made in Germany“soll künftig den Strom für 45 Millionen Menschen, knapp die Hälfte der Bevölkerung, liefern.
Die Kanzlerin hat gute Nachrichten für die politischen Stiftungen im Gepäck, die sich zuletzt starken Repressionen ausgesetzt sahen. Berlin und Kairo haben sich auf eine Grundsatzvereinbarung verständigt, die Stiftungen können ihre Arbeit wieder aufnehmen, wenn auch wohl nur eingeschränkt, wie verlautet. Bis zur letzten Minute habe man an dem Abkommen gearbeitet, heißt es in Merkels Delegation. Für die Zukunft sei die rechtliche Situation der politischen Stiftungen jetzt geregelt.
Gemeinsam gedenkt Merkel am Abend mit Papst Tawrados II. von Alexandrien, Patriarch des Heiligen Stuhls, den Opfern des Selbstmordanschlag vom 11. Dezember, bei dem 29 Menschen in den Tod gerissen wurden. An der Wand im Atrium der koptischen Kirche der Heiligen Peter und Paul ist hinter Glas ein Blutfleck zu sehen. Spuren des Grauens. Eine Gedenktafel mit Bildern erinnert an die Opfer des Attentats auf die christliche Minderheit. Merkels Besuch – ein Zeichen der Anteilnahme und Solidarität.