Zuversicht statt Zähneklappern
Schuler setzt auf Elektromobilität und will bis 2020 zwei Milliarden Euro umsetzen
– Der traditionsreiche Pressenhersteller Schuler erwartet von der Elektromobilität eine deutliche Belebung seines Geschäfts. Das machte Vorstandschef Stefan Klebert auf der Jahrespressekonferenz am Freitag am Hauptsitz in Göppingen deutlich. Während in der Automobilzulieferindustrie angesichts des Technologiewechsels vom Verbrennungshin zum E-Motor vielerorts das Zähneklappern ausgebrochen ist, sieht sich Schuler als Profiteur des anbrechenden Elektrozeitalters. „Elektromobilität ist für Schuler keine Bedrohung. Für uns ist es eine Chance, ein Wachstumsbeschleuniger“, erklärt Klebert.
Der Befund des Vorstandschefs erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Schließlich sind Schuler-Pressen bei vielen Automobilfirmen bereits im Einsatz. Doch die Elektromobilität bringt laufend neue Hersteller hervor – und die pressen ihre Karosserieteile künftig vielleicht auf den Anlagen von Schuler.
„Elektromobilität ist für Schuler keine Bedrohung.“ Vorstandschef Stefan Klebert
Bestes Beispiel: Tesla. Der kalifornische E-Auto-Pionier fertigt das Blechkleid seiner Oberklasse-Limousine Model S und seines SUV Model X unter anderem auf SchulerPressen. Und auch für die vor der Serienfertigung stehende MassenmarktModel 3 sind die Göppinger mit Tesla im Geschäft.
Vor allem in China, wo nur sieben Autos auf 100 Einwohner kommen, sieht Schuler enorme Geschäftschancen. Das Reich der Mitte mit seinen Millionenmetropolen und noch größeren Umweltproblemen drängt auf eine Ablösung des Verbrennungsmotors. Diese Umstellung begleiten nicht nur die etablierten Autokonzerne, sondern verstärkt bislang unbekannte Namen. „Wir haben in China Anfragen in nennenswertem Volumen von Unternehmen, die noch nie Autos gebaut haben“, lässt Klebert durchblicken.
Rund drei Viertel seines Umsatzes macht Schuler mit der Automobilbranche – eine Branche, die Klebert als „extrem professionell“beschreibt, und die „hohe Anforderungen an die Zulieferer“stellt. Um die Zukunft dieser Branche und um weiteres Wachstum ist ihm nicht bange. Und davon soll auch Schuler in den kommenden Jahren profitieren. Bis 2020, so die ehrgeizigen Pläne des Managers, will der zum österreichischen Maschinen- und Anlagenbauer Andritz gehörende Pressenhersteller seinen Umsatz auf zwei Milliarden Euro steigern. Im vergangenen Jahr wies Schuler Erlöse von 1,17 Milliarden Euro und einen Gewinn von 77,4 Millionen Euro aus.
Das läge deutlich über dem Marktwachstum, das Experten mittelfristig auf drei bis vier Prozent jährlich taxieren. Erreichen will Schuler das neben dem stärkeren Engagement in China mit einem Ausbau seiner Präsenz in den USA. In dem neben China wichtigsten Auslandsmarkt registriert Klebert seit „drei, vier Jahren eine Zunahme der Investitionstätigkeit“, wichtige Aufträge seien dort zuletzt gewonnen worden. Rückenwind für das US-Geschäft verspricht sich Schuler unter anderem von der Reaktivierung der Marke Bliss, für die die Göppinger vor Jahren das Servicegeschäft übernommen haben und deren Pressen nun modernisiert und mit Steuerungskomponenten „made in America“Industrie-4.0-fähig gemacht werden. Während Schuler angesichts des Wachstumspotentials in diesen beiden Märkten die Produktion lokal hochfährt – entweder organisch oder durch weitere Zukäufe – schloss Klebert das für Deutschland aus. „Die Produktion hierzulande wird nicht weiter wachsen“, erklärte der Vorstandschef.
Aktuell baut Schuler die Fertigung in Deutschland um; künftig soll nur noch an vier deutschen Standorten produziert werden. Diesem Konzept fällt unter anderem die Produktion am Standort Weingarten (Kreis Ravensburg) zum Opfer.
Service-Mitarbeiter gesucht
Wachstum im Inland verspricht Klebert dagegen im Bereich Service und bei neuen digitalen Anwendungen, für die Mitarbeiter gesucht werden. Diese Anwendungen laufen unter dem Label Smart Press Shop. Sie sollen Kunden dabei helfen, ihre Pressenlinien besser auszulasten, indem etwa aufwendige Testläufe entfallen und dadurch teure Maschinenstundensätze eingespart werden können. Sichtbares Zeichen dieser Neuausrichtung ist der Bau des Schuler Innovation Towers, des neuen Technologie-Zentrums in Göppingen, in den ab Mitte August ein Großteil der Ingenieure einziehen wird.