Christian Ude: „Völlig durchgeknallte CSU“
Der frühere Münchner Oberbürgermeister richtet selbstkritische Töne an die SPD in Oberkochen
(hü) - „Die SPD hat sich wieder gefunden. Sie zittert nicht vor dem Wahltermin, sondern ist überzeugt von ihrem Kandidaten.“Das hat der frühere Münchner Oberbürgermeister, Christian Ude, beim nachgeholten politischen Aschermittwoch der SPD in Oberkochen am Freitagabend gesagt.
Eingeladen zu dieser Veranstaltung hatten der Ortsverein Oberkochen und der Kreisverband. Ortsvereinsvorsitzender Richard Burger begrüßte 160 Besucher im voll besetzten Mühlensaal. Diese brauchten ihr Kommen nicht zu bereuen, denn Ude erwies sich als profunder Redner, der durchaus auch selbstkritische Töne an die SPD richtete.
Er warnte von einer zu großen Euphorie und sieht die Partei erst am Anfang der Aufwärtsstrecke. Die SPD sei jetzt bei den Umfragen in einem „honorigen Bereich“. Die Chance gehört zu werden, gelte es jetzt zu nutzen. Ude bekannte sich als Fan von Martin Schulz, der ihn einmal bei den Landtagswahlen in Bayern vorbildlich unterstützt habe und der für die Einigung Europas einstehe. „Mit Martin Schulz haben wir den richtigen Kandidaten, das sieht auch die Öffentlichkeit so“, betonte er.
Hart ins Gericht ging der Redner mit der CSU. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik habe diese Partei bei der anstehenden Bundestagswahl keine Machtperspektive, wenn man ihr in Bezug auf die geforderte Obergrenze bei den Flüchtlingen Glauben schenken könne. Denn keine andere Partei mache bei einer Obergrenze mit, da dies die Verfassung gar nicht zulasse und das Grundrecht auf Asyl nicht begrenzt werden könne. Zwischen den Schwesterparteien herrsche bei diesem Thema Schweigen im Walde.
„Doch niemand glaubt, dass die CSU auf Regierungsämter verzichten wird. Also wird sie ihr Versprechen, in keine Koalition ohne Obergrenze zu gehen, brechen“, sagte der ehemalige Münchner Oberbürgermeister . Schon dies allein sei Grund genug, die SPD zu wählen und eine „völlig durchgeknallte CSU“auf die Oppositionsbank zu schicken.
Ude appellierte an die SPD im Wahlkampf, die Sachdebatte in den Vordergrund zu stellen. Man müsse auch die SPD-Politik der Vergangenheit erklären und dürfe nicht einfach alles, was man getan habe, als „Mist“bezeichnen und darauf hoffen, dass die Menschen jetzt SPD wählen. Als Beispiele nannte er die Agenda 2010 und die Abgeltungssteuer. Es habe damals gute Gründe dafür gegeben, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I auch für ältere Bürger auf ein Jahr zu begrenzen. So seien damals die Sozialkassen leer gewesen. Doch dies habe sich aufgrund der guten Konjunktur geändert, sodass man jetzt beim Arbeitslosengeld I eine Korrektur vornehmen könne.
Geändert habe sich die Situation auch bei der Abgeltungssteuer. Bei der Einführung sei man froh gewesen, überhaupt Steuern auf Kapitalerträge zu erhalten. Doch auch hier habe sich durch internationale Abkommen und mehr Transparenz die Situation geändert, sodass man jetzt Kapitaleinkünfte wie Arbeitseinkommen versteuern könne.
Ude machte deutlich, dass die SPD seiner Ansicht nach das Thema soziale Gerechtigkeit nicht überstrapazieren dürfe. „Wir sollten in unserem Wahlprogramm nicht zu viel versprechen, was wir dann nicht einhalten können“, meinte Ude. Lieber den Mund nicht so voll nehmen. Mehr umsetzen als versprechen. Das müsse die Devise sein.