Erstens kommt es anders ...
Mit den Erwartungen im Fußball ist das immer so eine Sache. Wie auch im Leben bekommen die Bundesligisten nicht immer das, was sie gerne hätten, sondern vor allem das, was sie verdienen. Und verdient haben sich in dieser Saison bisher vor allem die sogenannten Underdogs so einiges. Die vermeintliche graue Maus aus Hoffenheim zum Beispiel. Nach iher furiosen Debüt-Saison 2008 mit der errungenen Herbstmeisterschaft, war es viele Jahre eher still um die Jungs aus Sinsheim geworden. Ganz viel Mittelmaß, ein paar Querelen um den Wechsel von Luiz Gustavo zum FC Bayern München, kritische Stimmen zu Dietmar Hoppund der Fastabstieg im vergangenen Jahr – so in etwa die Zusammenfassung der acht Bundesligajahre. Doch jetzt ist alles anders. Mit Trainerüberflieger Julian Nagelsmannsetzte auch die TSG zum Höhenflug an.
Und durch den jüngsten 5:2-Erfolg über den FC Ingolstadt ist die Champions-League-Teilnahme dank starker Leistung zum Greifen nah. Alles super ins Sinsheim also – gäbe es da nicht zwei Wermutstropfen. Zum einen würde die TSG in der Königsklasse ohne ihre beiden Topspieler
Niklas Süle und Sebastian Rudy auflaufen – die beiden zieht es zum Rekordmeister nach München. Zum anderen scheint der Höhenflug nur wenige zu interessieren. Lediglich 23 028 Besucher sahen den jüngsten Galaauftritt, was Trainer Nagelsmann so kommentierte: „Die Region ist nicht gerade strukturschwach, mehr Spiele gewinnen, kann man nicht. Aber vielleicht müssen wir ja zwölf Tore schießen.“Vielleicht.
Ganz andere Probleme drücken die Stimmung von Schalkes Trainer
Markus Weinzierl. Nach der Pleite in Gladbach ist das internationale Geschäft außer Sichtweite geraten, eher müssen die Knappen aufpassen, nicht bald Auge in Auge mit der Abstiegsregion der Tabelle zu stehen. Rundum-Experte Lothar Matthäus forderte im „Doppelpass“sogar Schalkes Oberhaupt Clemens Tönnies sollte sich mal wieder einschalten und sich äußern. Das fast schon alltägliche Chaos eben.
Der VfL Wolfsburg wollte auch eher in die obere Tabellenregion. Doch davon ist der Tabellen-15. mittlerweile meilenweit entfernt. Glänzte der Überraschungsmeister von 2009 die letzten Jahre noch teilweise mit virtuosen Ballstreichlern wie
Kevin De Bruyne, rumpelt sich das Werksteam in dieser Saison nur von einer Trainerentlassung zur nächsten. Nach Dieter Hecking und dem unglücklichen Valérien Ismaël, soll es nun der ewige Co-Trainer Andries Jonker reißen. Stand der Niederländer sonst immer starken Trainer-Persönlichkeiten wie Louis van
Gaal oder Felix Magath zur Seite, steht er nun in der Hauptverantwortung. Das 1:1 in Mainz, war zumindest ein solider Anfang. Vor allem auch, da Nostalgie-Stoßstürmer Mario
Gomez seine Ladehemmungen überwand und den Ball mit seinem Haupthaar über die Linie streichelte. Es war Gomez’ zehnter Treffer im sechsten Spiel unter Jonker – 2010/ 2011 hatten die beiden schon beim FC Bayern zusammengearbeitet, als Jonker kurz vor Saisonende seinen langjährigen Chef Louis van Gaal ersetzen musste und die Bayern auch dank Gomez noch in die Champions League führte. In Wolfsburg wäre man nun schon zufrieden, wenn man nicht bis zum Schluss zittern müsste.
Eben jenes scheint den Sportfreunden aus Hamburg auch in diesem Jahr wieder zu blühen. Träumten die Hanseaten nach den jüngsten Siegen schon wieder traditionell großspurig von Europa, steht der ewige Dino derzeit schon wieder auf dem beinahe fest gemieteten Relegationsplatz. Dass Trainer Markus Gisdol signalisierte, auch bei Abstieg beim HSV zu bleiben, zeugt wenigstens von etwas Realismus.
Kneifen können sich trotz der Niederlage gegen den HSV hingegen die Mannen von Berlins Trainer Pál
Dárdai – und erwachen trotzdem nicht aus ihrer Traumsaison. Dass der Ungar aus dem Hauptstadtclub einen Champions-Leage-Anwärter macht, hätte vor der Saison wohl auch niemand erwartet – soviel also zum Thema Erwartungen im Fußball.