Von wegen nur Rüpel und Rowdys
Die Taekwondo-Abteilung des MTV Aalen ist in zwei Jahren enorm gewachsen
(an) – Erst seit zwei Jahren gibt es die Taekwondo-Abteilung im MTV Aalen, doch mittlerweile sind es schon rund 50 Schüler, von sechs bis 62 Jahren, die den Anweisungen von Trainer Hans Leberle Folge leisten.
Leberle selbst geht diesem Kampfsport, der Kunst des Fuß- und Faustkampfes, bereits seit 35 Jahren nach, setzt selbst die Maximalgrenze auf 62 Jahren, wie er lächelnd zu Protokoll gibt. Die Taekwondo-Sportler in altersgerechte Gruppen einzuteilen ist nicht möglich, sagt Leberle. „Das Problem ist, dass wir in Aalen kaum Hallenzeiten bekommen. Glücklicherweise haben wir neben unserer Halle mittlerweile noch die Weidenfeldhalle dazu bekommen“, sagt er. Also trainiert beim MTV auch die Mutter gemeinsam mit ihren Kindern, was allerdings bestens funktioniert. Vor zwei Jahren startete Leberle beim MTV, gemeinsam mit Andrea Koller und ihren drei Kindern – alle leidenschaftliche Taekwondo-Sportler. Zuvor haben sie sich bei der DJK Aalen engagiert, die ebenfalls Taekwondo anbietet.
Mitgliederzahl verzehnfacht
Beim MTV wurde die ursprüngliche Startzahl von fünf mittlerweile verzehnfacht, darauf sind die Verantwortlichen durchaus stolz. Leberle, der Träger des sechsten Dan ist, hat ursprünglich Fußball gespielt, erst mit 27 Jahren ist er zum Taekwondo gewechselt. „Ich habe eine Annonce in der Zeitung gelesen und bin dann einfach mal beim Training vorbeigegangen. Es hat mir sofort gefallen“, erinnert er sich. Dienstags und donnerstags trainiert der Neresheimer in Aalen seine Schüler. Unterstützt wird er dabei von Andrea Koller, Faruk Kadransi sowie Fabian Burkhardt, die abwechselnd die Trainingseinheiten leiten – und manchmal auch alle zusammen. Dem Vorurteil, das Kampfsport häufig Rowdys und solchen, die es gerne wären, vorbehalten ist, tritt Andrea Koller entschieden entgegen: „Wir züchten hier keine Schläger heran. Die Schüler lernen Koordination, Disziplin, die Körperhaltung verbessert sich und man lernt, Respekt vor anderen Menschen zu haben“, so Koller, selbst in Besitz des Schwarzgurts, weiter. Ihr jüngster Sohn Jonas, gerade einmal elf Jahre alt, wird im Frühjahr bereits die Prüfung zum ersten Dan absolvieren, ihr anderer Sohn Marius ist ebenfalls Schwarzgurt-Träger und leitet seine eigenen Gruppen bei den Trainingseinheiten. Taekwondo ist in der Familie ein gewichtiger Bestandteil.
Wiederholen von Übungen
Vor allem das stete Wiederholen der Übungen sei für Koller ein gewichtiger Punkt in der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. „Wir haben hier nicht den Fun-Faktor wie etwa beim Fußball, wo du nach einem Tor jubeln kannst, dennoch kommen die Schüler immer wieder gerne zum Training. Das finde ich bemerkenswert.“Hans Leberle reichen die zwei Einheiten als Übungsleiter in der Woche nicht. „Dreimal die Woche trainiere ich dann bei mir im Keller. Als Trainer mache ich selbst ja nichts“, sagt er lachend.
Ohnehin herrscht bei Hans Leberle niemals Langeweile. Täglich, so sagt er, läuft er zwischen acht und zehn Kilometern, ist im TaekwondoVerbandsgericht tätig sowie als Ringrichter aktiv. Auf Wettkämpfen sind die Taekwondo-Sportler als SG Ostalb am Start, eine Fusion aus Aalen, Gingen, Schnaitheim, Schwäbisch Gmünd sowie Neuhausen. „Alleine hast du heute als Verein kaum noch eine Chance“, erklärt der 62Jährige. Seine Kinder Stefanie und Andreas sind ebenfalls TaekwondoSportler geworden. Stefanie Leberle fing bereits mit drei Jahren an und hat mittlerweile den dritten Dan, Andreas hat seinen Vater als Trainer unterstützt, hat aber bereits vor fünf Jahren aufgehört. Wenn er über seine Tochter, im richtigen Leben übrigens Staatsanwältin spricht, winkt er schmunzelnd ab: „Sie ist viel besser als ich.“
Anfangen mit zehn Jahren
Das ideale Einstiegsalter für Taekwondo sei laut Leberle zehn Jahre, dann sei man mit 25 ein guter Kämpfer im Vollkontakt. Leberle selbst ist seinen Weg im Formenbereich gegangen. „Ich war 27 Jahre, als ich angefangen habe. Da braucht man an Vollkontakt gar nicht mehr zu denken. Da kommt man im Kampf gegen einen jüngeren dran und denkt über seine Handlungen nach. Sobald man im Kampf anfängt zu denken, hat man schon verloren“, sagt er. Doch im Formenbereich ist er in all den Jahren sehr erfolgreich gewesen. Zweimal war er Deutscher Meister, sechsmal Zweiter und sechsmal Dritter. Über einhundert Württembergische und Baden-Württembergische Titel hat er bis heute vorzuweisen – und ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Aber auch seine Schüler sind nach der kurzen Zeit schon recht erfolgreich unterwegs. 2016 gab es bei den württembergischen Meisterschaften fünf Teilnehmer, alle fünf heimsten den Titel ein, bei den baden-württembergischen waren es von sieben Teilnehmern vier erste Plätze sowie drei zweite. „Nicht schlecht, oder?“, freut sich Leberle. In den zwei Jahren hat sich beim MTV bereits einiges entwickelt und diese Entwicklung soll noch lange nicht am Ende sein, wenn es nach Leberle, Koller & Co. geht. Selbst bei geringen Raumkapazitäten werden die Taekwondo-Sportler keinem Interessenten, ganz gleich welchen Alters, die Tür vor der Nase zuschlagen, so viel steht fest.