Bundesregierung erwägt Jugendheime in Marokko
Angebot für Straßenkinder und abgeschobene Jugendliche
(dpa) - Die Bundesregierung überlegt wegen der Probleme mit elternlosen Jugendlichen aus Marokko, Heime in dem nordafrikanischen Land zu schaffen. Dort könnten dann nicht nur Straßenkinder untergebracht werden, sondern auch minderjährige Rückkehrer aus Deutschland. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor.
Darin heißt es: „Die Bundesregierung prüft derzeit die Möglichkeit, in Marokko im Rahmen eines Projektes Einrichtungen zu schaffen, die Minderjährigen, die dort in benachteiligten Situationen leben, eine Zukunftsperspektive eröffnen (…).“In diesen Unterkünften sollten Jugendliche auch eine medizinisch-pädagogische Betreuung erhalten sowie die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu absolvieren. Den Angaben zufolge richtet sich das Angebot in erster Linie an Straßenkinder, die vor Ort leben. Perspektivisch könnten aber auch „in Deutschland ausreisepflichtige unbegleitete minderjährige Marokkaner, die in ihre Heimat zurückkehren, diese Einrichtungen nutzen“.
„Natürlich ist es begrüßenswert, wenn sich die Bundesrepublik vor Ort in Marokko für benachteiligte Minderjährige einsetzen möchte“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg. Wenn dieses Angebot dazu führen sollte, dass weniger Kinder und Jugendliche zur Flucht gezwungen würden, dann sei dies ein richtiger Ansatz. Diese Unterstützung dürfe aber nicht mit dem Plan verknüpft werden, unbegleitete Minderjährige in das „vermeintlich sichere Marokko“abzuschieben. Was die Bundesregierung als Fluchtursachenbekämpfung deklariere, orientiere sich nicht am Kindeswohl, sondern diene nur der Abschottung.
Das Konzept für das dreijährige Projekt soll von einer Nichtregierungsorganisation umgesetzt werden. Es sieht die Gründung von zwei Heimen mit jeweils 100 Plätzen vor. Die Ausgaben pro Jahr und Heim werden auf 960 000 Euro geschätzt – bei angenommenen Kosten von 800 Euro pro Monat und Kind. Nach Ablauf der drei Jahre soll die marokkanische Regierung die Einrichtungen betreiben. In Deutschland leben derzeit mehr als 60 000 unbegleitete minderjährige Ausländer, die von den Jugendämtern begleitet werden.