Carsharer sparen bis zu 200 Euro
Gemeinsame Auto-Nutzung nimmt zu – Auch im Südwesten wächst das Angebot
- Mein Haus, mein Auto, mein Boot: Dieser Werbespruch der Sparkasse aus den 1990er-Jahren ist längst nicht mehr zeitgemäß – zumindest, was das Auto angeht. Für immer weniger Menschen ist der eigene Wagen ein Statussymbol. Anstatt ein Auto zu kaufen, mieten viele ihn lieber, um günstig und flexibel von A nach B zu kommen. Vor allem in Großstädten liegt das sogenannte Carsharing im Trend: Über 1,7 Millionen Kunden haben sich nach Angaben des Bundesverbands Carsharing bei deutschen Anbietern registriert – 36 Prozent mehr als im Vorjahr.
Dass dieser Erfolg nicht von ungefähr kommt, zeigt eine aktuelle Studie der Gutscheinplattform „Cuponation“. Demnach ist es möglich, auf diese Weise monatlich bis zu 200 Euro zu sparen. Die Betreiber hatten sich gefragt, was sich mehr rechnet: der Besitz eines eigenen Autos oder das Carsharing? Um dies zu beantworten, verglichen sie Angebote der deutschen Marktführer „Drivenow“von Sixt und BMW sowie „car2go“von Europacar und Daimler. Dabei berechneten sie die Kosten von Klein- und Kompaktwagen beider Anbieter und stellten sie den Kosten für Kauf und Unterhalt der gleichen Modelle gegenüber. Drei typische Nutzerprofile veranschaulichten die Ergebnisse: der Großstädter, Ausflügler und Pendler.
Am Ende kam heraus, dass vor allem Großstädter beim Carsharing mehr als 50 Euro im Monat sparen können, wenn sie mit Kleinwagen wie dem Mini oder dem Smart vorwiegend kurze Strecken fahren. Bei teureren Modellen wie dem 2erBMW oder der Mercedes A-Klasse sei die Ersparnis noch größer. Sparen könne aber auch der typische Wochenend-Ausflügler. „Allgemein gilt: Je teurer ein Automodell in Kauf und Unterhalt ist, desto stärker spart jeder Autofahrer beim Carsharing“, sagt „Cuponation“-Direktor Jürgen Burkhart. Nur für Pendler sei der Autokauf die billigere Option.
Gesetz soll Carsharing fördern
Die Bundesregierung will das Carsharing deshalb fördern: Am 1. September soll ein neues Gesetz in Kraft treten, das den Begriff definiert und festlegt, wie die Fahrzeuge zu kennzeichnen sind. Dann können Straßenbehörden Carsharing-Fahrzeuge bevorzugt behandeln, etwa Sonderparkplätze ausweisen oder diese von Parkgebühren befreien. Anbieter mit festen Stationen haben zudem die Möglichkeit, Stellplätze an ausgewählten Standorten in den öffentlichen Verkehrsraum zu verlegen.
„Wir wollen dem Carsharing noch mehr Dynamik ermöglichen. Dazu gehört, dass wir weitere Vorteile für Carsharing-Autos schaffen und so diese Form der Mobilität besonders fördern“, erklärt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ergänzt: „Carsharing ist eine Chance für nachhaltigere Mobilität in den Städten. Gerade junge Leute sind sehr aufgeschlossen. Diese Entwicklung wollen wir unterstützen.“Laut Bundesverband ersetzt ein Carsharing-Fahrzeug in Innenstädten bis zu 20 private Autos.
Das neue Gesetz schließt allerdings das private Carsharing aus. „In Anbetracht der Zielsetzung des Gesetzentwurfs – die Reduzierung der Fahrzeuge auf unseren Straßen – würden wir uns wünschen, dass Konzepte wie unseres ebenfalls von dieser neuen Regelung profitieren“, sagt Julie Moskovits, Sprecherin von „drivy“. Der Online-Anbieter vermittelt wie Mitbewerber „tamyca“private Autos von je 150 000 registrierten Mietern und Vermietern. Moskovits: „Anders als gewerbliche Anbieter schaffen wir keine neuen Flotten auf die Straßen, sondern ermöglichen es unseren Nutzern, vorhandene Ressourcen effizienter zu gebrauchen.“Sprich: Ein Privatperson meldet sein Auto bei einer Vermittlungsplattform an, das andere Privatnutzer dann buchen können.
Trotzdem sei das neue Gesetz aus Sicht von „drivy“ein Schritt die richtige Richtung. „Wir beobachten, dass unser Konzept in Ballungsräumen besonders gut aufgenommen wird“, sagt sie. Viele würden ihr Auto anderen zur Verfügung stellen, weil sie es nicht täglich brauchen. Das wiederum spreche jene an, die im Alltag aufs Auto verzichten, aber es kurz für einen Umzug oder einen Ausflug benötigen – eine kostensparende Winwin-Situation für beide Parteien.
Dass Carsharing aber auch im ländlichen Raum funktioniert, beweisen die Vereine „Oberschwabenmobil“und „Bodenseemobil“mit der Marke „Westallgäumobil“. Ihre insgesamt 500 Mitglieder können zurzeit auf 45 Autos in der Region Bodensee-Oberschwaben zurückgreifen, die beispielsweise an den Bahnhöfen in Friedrichshafen und Ravensburg stehen. Zu dem Zweck kooperieren die Vereine mit dem Verkehrsverbund Bodensee-Oberschwaben und dem CarsharingDienst Flinkster der Deutschen Bahn. 15 Prozent der Kunden sind Auswärtige, die oft direkt von der Bahn ins Auto umsteigen.
„Markt noch lange nicht gesättigt“
„Früher sind wir jedes Jahr bis zu 30 Prozent gewachsen“, sagt Vereinsvorsitzender Wielant Ratz. Nun sei das Wachstum wegen der niedrigen Benzinpreise und vielen Pendler etwas eingebrochen. Er blickt trotzdem optimistisch in die Zukunft: „Die privaten Anbieter sind für uns keine Konkurrenz. Wir wachsen jedes Jahr, und der Markt ist noch lange nicht gesättigt.“So seien etwa in Orten wie Tettnang, Langenargen (beide Bodenseekreis) und Aulendorf (Kreis Ravensburg) weitere Standorte geplant. Nicht nur Vereine schaffen Angebote. So vermieten in Trossingen (Kreis Tuttlingen) die Stadtwerke Autos, in Ellwangen (Ostalbkreis) ist es ein Autohaus. Meistens handelt es sich bei den Fahrzeugen um Benziner. Es gibt aber auch schon mietbare Elektroautos – etwa in Ulm und Aalen (Ostalbkreis).
„Der Altersdurchschnitt unserer Nutzer liegt bei über 40 Jahren. Sie sind neugierig und probieren gerne neue Modelle aus“, sagt Ratz. Bei Elektroautos hätten viele aber noch Hemmungen wegen der geringeren Reichweite oder ungewohnten Ladevorgängen. Mit dem Carsharing könnten sie solche Fahrzeuge testen, bevor sie eines kaufen. Mitglieder der Vereine zahlen einen Beitrag von zehn Euro pro Monat. Hauptsächlich finanzieren sie sich aber über die Fahrten, die anhand der Dauer und Streckenlänge abgerechnet werden.
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