„Bayern gewinnt die Champions League“
Trainerlegende Ottmar Hitzfeld über Münchner Triumphe, Burn-out und ein Comeback
- Zweifacher Champions-League-Sieger, siebenfacher deutscher Meister, WM-Trainer – Ottmar Hitzfeld hat beinahe über fünf Jahrzehnte den Profi-Fußball hautnah miterlebt und selbst gestaltet. Geschichten im Überfluss kann der Trophäensammler aus Lörrach erzählen. Am Rande der Gesprächsrunde Talk im Bock in Leutkirch sprach der General über:
Die Champions-League-Auslosung:
Die beiden deutschen Teams müssen jeden Gegner nehmen, wie er kommt. Zum Glück ist das Schlagerspiel FC Bayern – Dortmund an uns vorbeigegangen. Zu dem Zeitpunkt wäre das schade gewesen. Ich hoffe, dass beide ins Finale kommen, aber mein Tipp für den Titel in diesem Jahr ist ganz klar der FC Bayern.
Die Spannung in der Bundesliga:
Die drei ersten Plätze sind mit Bayern, Dortmund und nun Leipzig auf Sicht vergeben. Dass einmal wieder eine Überraschungsmannschaft den Titel holt, wäre wünschenswert, davon lebt der Fußball, aber die Bayern haben so viel Substanz. Selbst die Verluste von Lahm und Alonso könnten sie problemlos intern kompensieren oder eben durch Transfers.
Den FC Bayern und die Verfolger:
Bayern hat natürlich die etablierteste, erfahrenste und teuerste Mannschaft. Dortmund hat technisch überragende Talente – Dembele ist jetzt schon weltklasse. Leipzig hat ebenfalls viele junge Spieler mit Substanz und das Potential auch langfristig in der Spitze zu bleiben. Die TSG Hoffenheim muss dagegen immer über sich hinauswachsen, um oben dabei zu sein. Sie sehe ich eher auf einem Level mit Schalke, Leverkusen und Gladbach.
Holger Badstuber:
Ich habe mich gefreut, dass er es zurück auf den Platz geschafft hat. Der Wechsel zu Schalke ist nicht optimal gelaufen, auch weil die Erwartungshaltung dort riesig ist. Bei Bayern wäre der Rückhalt eventuell größer gewesen. Dennoch glaube ich, dass, wenn ihm Topleistungen gelingen, er auch wieder ein Kandidat für München ist.
Das anstehende Länderspiel:
Ich werde zwar nicht in Dortmund sein, aber Deutschland – England ist immer eine spannende Partie. Dass Lukas Podolski sein Abschiedsspiel erhält, hat er sich wirklich verdient.
Die WM-Aussichten:
Deutschland als amtierender Weltmeister muss sich vor niemandem verstecken und kann natürlich den Titel holen. Bei der Schweizer Mannschaft wäre es ein Erfolg, wenn sie sich qualifizieren würden. Ich glaube aber, sie werden es zur WM schaffen.
Sein erstes Bayern-Aus 2004:
Sechs Jahre Bayern sind wie 20 Jahre woanders. Nach dem Double 2003 konnte ich mich nicht richtig freuen. Die Entlassung war eine Befreiung. Es war eine Art Depression/Burnout, aber ich wollte es nicht öffentlich machen, dafür war die Zeit einfach noch nicht reif. Ich habe dann – auch durch psychologische Behandlung und Medikamente – zwei Jahre gebraucht, um wieder Freude am Leben zu haben.
Trainer-Charaktere:
Ich bin ein Diktator, aber sehr kommunikativ. Ich habe immer mit allen intensive Gespräche geführt, was sehr viel Kraft gekostet hat, aber zum Beispiel in der Halbzeit kann ich nicht diskutieren, da muss ich bestimmen. Aber jeder Trainertyp kann erfolgreich sein. Pep hat fast überhaupt nicht kommuniziert, für ihn waren die Spieler Nummern, die er verschoben hat. Ancelotti ist wieder komplett anders. Jeder Trainer hat ein Konzept. Trainingsgestaltung kann jeder, wichtig ist, wie man Verein und die Mannschaft hinter sich bringt.
Die heutigen Begleiterscheinungen:
In Zeiten, in denen die Transfersummen immer weiter steigen, ist es auch wichtig, die jungen Leute auf die Verantwortung und die Zeit danach vorzubereiten. Was nützt es einem Spieler, wenn er mit 35 die Karriere beendet und Geld hat, aber keine Aufgabe? Sie können ja dann nichts anderes und fallen dann in ein psychisches Loch. Ich selbst habe das erste Staatsexamen und hätte nach meiner aktiven Karriere auch gerne wieder als Lehrer gearbeitet.
Seine Zeit als Fußballrentner:
Ich habe immer noch genug Termine: für meine Sponsoren, Verlage und meine Tätigkeit für Sky. Nur Golf spielen und Sonne wäre nichts für mich gewesen. Ich sehe es eher als Privileg, dass ich all diese Beschäftigung habe und noch arbeiten kann.
Ein mögliches Comeback:
Ich habe mir immer vorgenommen, als Trainer nicht zu alt zu werden und meine Entscheidung war ja auch ein längerer Prozess – deshalb ist eine Rückkehr utopisch. Außerdem gibt es zum Abschluss nichts schöneres als eine WM und das habe ich gehabt.