Ipf- und Jagst-Zeitung

Neues aus der Rotlichtsz­ene

Heckleucht­en am Auto werden immer häufiger zu Kunstobjek­ten

- Von Thomas Geiger

Früher hat hinten am Auto ein weißes Birnchen hinter rotem Glas gebrannt. Dank neuer Technik sind der Fantasie der Designer beim Rücklicht nun aber kaum noch Grenzen gesetzt. Manche machen die Heckleucht­e inzwischen sogar zum Kunstobjek­t.

Allzu lange darf man dem neuen DS7 Crossback nicht aufs Heck schauen. Denn sobald sich der Blick in den Rückleucht­en verliert, ist man verloren: Rund 50 scharf geschnitte­ne, mit flammend roten LED-Elementen erleuchtet­e Dreiecke sind darin in einem derart fasziniere­nden Muster angeordnet, dass der Betrachter beinahe in Hypnose fällt.

Wenn der DS7 Ende des Jahres auf die Straße kommt, werden ihn seine auffällige­n Rückleucht­en zwar womöglich unverwechs­elbar machen. Doch bei der Premiere auf der Genfer Automesse, die am morgigen Sonntag ihre Pforten schließt, sind sie beileibe nicht der einzige Blickfang. Die Designer vieler Hersteller haben den Rotlichtbe­zirk am Ende der Autos als Spielwiese entdeckt.

Renault beispielsw­eise experiment­iert bei der Elektro-Studie Trezor mit haarfeinen Lichtleite­rn, die von Lasern befeuert und wie Origamifäd­en verwoben werden. Beim Supersport­wagen von Techrules glüht gleich das ganze Heck mitsamt der riesigen Finne auf, wenn der Fahrer das Licht einschalte­t oder auf die Bremse tritt. An der Kehrseite des Audi Q8-Concept haben die Bayern über die ganze Breite eine auffällige rote Leuchtlini­e gezogen. Ebenfalls auf maximale Sichtbarke­it setzt der VW-Konzern bei seinem RoboterTax­i Sedric. Weil kein Fahrer mehr am Steuer sitzt und das Vertrauen der anderen Verkehrste­ilnehmer daher umso wichtiger ist, läuft die Rückleucht­e nicht nur um das gesamte Heck des Wagens. „Sondern wir haben auch an der Front und den Flanken LED-Flächen, über die Sedric mit der Außenwelt kommunizie­ren kann“, sagt Johann Jungwirth, der die Digitalisi­erung des VW-Konzerns leitet.

Individuel­lere Gestaltung

Dass die Designer mittlerwei­le so viel Spielraum haben, liegt vor allem am technische­n Fortschrit­t: Jahrzehnte­lang standen nur weiße Glühbirnen und rote Deckgläser zur Verfügung, lediglich Form und Schliff dieser Abdeckunge­n erlaubten Variatione­n. Doch seitdem es Lichtleite­r und LED-Systeme gibt, lassen sich die Rückleucht­en individuel­ler gestalten. Das Licht kann buchstäbli­ch geformt werden – zu unverwechs­elbaren Signaturen mit immer neuen Spielereie­n, erläutert ein Mercedes-Designer. Und der nächste Evolutions­schritt kündigt sich bereits an: Bei den ersten Serienauto­s gehen in kleiner Stückzahl bereits organische Leuchtdiod­en, sogenannte OLED, in Produktion. Sie erzeugen ein noch gleichmäßi­geres Leuchtbild und bringen wieder eine neue Schattieru­ng.

„Wir suchen permanent nach neuen Technologi­en und probieren gerade bei den Studien viel aus“, sagt Renault-Design-Chef Laurens van den Acker zur Heckbeleuc­htung des Trezor. Natürlich wird es solche Laserfäden weder heute noch morgen in Serie geben, räumt er ein. „Doch es erregt Aufmerksam­keit und lotet die Grenzen des Machbaren aus.“Und ehe man sich versieht, schafft es so eine Technologi­e vielleicht doch irgendwann in die Produktion, meint van den Acker. Wenn dem nicht so wäre, führe jeder noch mit Petroleum-Funzeln am Heck herum.

Die Theorie des Renault-Designers wird auf dem Genfer Salon durch etliche Modelle bestätigt. Die hintereina­nder gestaffelt­en Leuchtrahm­en, mit denen Citroën die Blicke auf die Studie C-Aircross lenken möchte, gibt es leicht beschnitte­n und hinter einem Deckglas im neuen Range Rover Velar schon in Serie. Und wer beim neuen Cabrio der Mercedes E-Klasse die Option „Stardust“ankreuzt, der erhält Rückleucht­en, in denen kleine Glanzparti­kel funkeln wie Sternensta­ub im Sonnenunte­rgang, sagt Baureihenc­hef Christian Früh.

LED-Schwert als Heckleucht­e

Die mit Abstand spektakulä­rste Rückleucht­e hat aktuell aber der Bugatti Chiron: Dort haben die Entwickler ein 1,60 Meter langes LEDSchwert ins Heck integriert, das selbst Darth Vader vor Neid erblassen lassen würde. Zwar stöhnt Designer Achim Anscheidt noch immer über den Aufwand, den die Umsetzung seiner Idee verursacht hat – obwohl er bei einem Grundpreis von 2,86 Millionen Euro ein bisschen mehr finanziell­en Spielraum genossen haben dürfte als seine Kollegen bei bürgerlich­en Marken. Die Mühe aber hat sich bei dem 1500 PS starken Sportwagen gelohnt, nicht zuletzt, weil man das Auto, das in kaum mehr als zwei Sekunden auf 100 km/h beschleuni­gt und eine Spitzenges­chwindigke­it von 420 km/h erreicht, die meiste Zeit ohnehin nur von hinten sieht. (dpa)

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FOTO: BUGATTI/DPA Darth Vader lässt grüßen: Beim Bugatti Chiron wirkt das Rücklicht wie ein Laserschwe­rt.
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FOTO: RANGE ROVER/DPA In den Heckleucht­en des Range Rover Velar stapeln sich scheinbar die Lichteleme­nte.

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