Merkel fordert Ende der Nazi-Vergleiche
Nach den Vorwürfen des türkischen Präsidenten findet die Kanzlerin deutliche Worte
(dpa/AFP) - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts der auch gegen sie persönlich gerichteten Nazi-Vorwürfe aus Ankara indirekt mit einem Einreiseverbot für türkische Politiker gedroht. „Wir werden nicht zulassen, dass der Zweck die Mittel immer wieder heiligt und jedes Tabu fällt“, sagte die CDU-Chefin am Montag in Hannover. Sie verwies auf eine wenige Tage alte Verbalnote des Auswärtigen Amtes. Darin habe die Bundesregierung unmissverständlich mitgeteilt, dass Auftritte türkischer Politiker in Deutschland nur stattfinden könnten, wenn sie auf der Grundlage des Grundgesetzes erfolgen.
„Andernfalls, so formuliert die Verbalnote, behält sich die Bundesregierung vor, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Überprüfung der mit dieser Note erteilten Genehmigung“, fügte die Kanzlerin hinzu. „Und ich sage das, um daran nochmal zu erinnern und deutlich zu machen, dass das nach wie vor so gilt, wie wir es in dieser Verbalnote formuliert haben.“Im Umkehrschluss kommt eine negative Entscheidung der Regierung einem Einreise- und Auftrittsverbot für türkische Politiker gleich.
Die Kanzlerin betonte nach ihrer Begegnung mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe: „Mein Satz, dass die Nazi-Vergleiche von seiten der Türkei aufhören müssen, gilt. Und zwar ohne Wenn und Aber.“Leider hätten diese Nazi-Vergleiche aber nicht aufgehört. Die Regierung werde nicht zulassen, dass jedes Tabu falle ohne Rücksicht auf das Leid der Opfer des Nationalsozialismus, so Merkel. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Merkel am Sonntag erstmals persönlich „Nazi-Methoden“vorgeworfen. Der Staatschef kämpft auch bei Landsleuten in Deutschland um Zustimmung zu einem ihn selbst stärkenden Verfassungsreferendum. Erdogan sagte in Istanbul an Merkel gerichtet: „Du wendest auch gerade Nazi-Methoden an.“Mit Blick auf Europa sagte Erdogan, dort könnten „Gaskammern und Sammellager“wieder zum Thema gemacht werden, aber „das trauen sie sich nur nicht“. Offen ließ Erdogan, wen er mit „sie“genau meinte.
Die türkische Regierung hat ihre Nazi-Vorwürfe an Deutschland und andere europäische Länder als Warnung vor dem Faschismus gerechtfertigt. „Wir hören das Marschieren des Faschismus und der Nazis“, sagte der stellvertretende türkische Ministerpräsident Numan Kurtulmus am Montag vor Journalisten in Ankara.
„Wir ziehen diese Nazi- und Faschismusvergleiche, weil wir uns um die Zukunft unserer europäischen Freunde sorgen“, sagte Kurtulmus weiter. Europa sei ein „enger Verbündeter, Freund und Nachbar“der Türkei und stehe vor einer „sehr schlechten Zukunft“.