Berlins Einfluss in Nahost
Die neue US-Regierung ist, was den Nahost-Konflikt angeht, noch eine große Unbekannte. Die Aussagen von Präsident Donald Trump haben in den vergangenen Monaten für Aufregung in Israel und den Palästinensergebieten gesorgt. Allerdings hat er sein Versprechen, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, bisher nicht eingelöst. Zudem hat Trump Israel zur Zurückhaltung beim Ausbau der israelischen Siedlungen im Westjordanland aufgefordert. Sein Unterhändler Jason Greenblatt soll Forderungen für einen Neustart bei Friedensgesprächen gestellt haben, wie sie unter Barack Obama diskutiert worden waren.
Der Einfluss Deutschlands auf diesen Konflikt ist eher gering. Die Deutschen haben bisher lieber den USA den Vortritt gelassen. Doch vielleicht ändert sich das gerade. Schon im Februar hat Deutschland Israel überraschend scharf für dessen neues Siedlergesetz kritisiert. Danach kann Israel im Westjordanland unter bestimmten Bedingungen palästinensisches Privatland für Siedlungen konfiszieren. Die für Mai geplanten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen hat die Bundesregierung auf 2018 verschoben. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hofft, dass er die mutmaßliche Verstimmung im Verhältnis zwischen Israel und Deutschland für sich nutzen kann. Dadurch soll ein Gegengewicht zu Trumps proisraelischer Ausrichtung entstehen. Die Palästinenser wollen, dass Deutschland Palästina als unabhängigen Staat – die sogenannte Zwei-StaatenLösung – anerkennt.
Deutschland soll Druck machen
Danach sieht es derzeit nicht aus. Abbas wünscht sich auch deshalb, dass Deutschland Israel in ihrem Sinne unter Druck setzt und auch seinen Einfluss in der Europäischen Union geltend macht. In Deutschland gibt es Fachleute und Ex-Diplomaten, die sagen, das Konzept der Zwei-Staaten-Lösung sei schon länger „klinisch tot“. Nur: Niemand hat bisher einen besseren Vorschlag. Israel würde einem gemeinsamen Staat mit gleichen Rechten für alle nicht zustimmen, weil Israel dann kein „jüdischer Staat“mehr wäre. Außerdem gibt es Sicherheitsbedenken. Wenn die Palästinenser jede Hoffnung auf eine halbwegs faire Lösung verlieren, droht eine Radikalisierung.
Da die US-Nahostpolitik derzeit unklar ist, wird in Berlin die Notwendigkeit gesehen, wieder aktiver zu werden. So fördert die Bundesregierung in den Palästinensergebieten den Aufbau staatlicher Institutionen. Im Gazastreifen wurde 2016 der Grundstein für ein von Deutschland finanziertes Klärwerk gelegt, das bei israelischen Angriffen mehrfach stark beschädigt worden war.
Die Gemengelage in der Region ist komplex. Die Türkei und Katar haben Beziehungen zur Hamas-Bewegung, die den Gazastreifen kontrolliert. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen Palästinenserpräsident Abbas. Israel und die Golfaraber treibt eine gemeinsame Sorge um: Der wachsende Einfluss Irans. (dpa)