Atommächte bleiben den Gesprächen fern
Chemische und biologische Waffen sind seit Langem geächtet, Streubomben auch. Nur die tödlichsten aller Massenvernichtungswaffen, die Atomwaffen, sind noch nicht per internationalem Abkommen verboten. Heute starten nun in New York Verhandlungen über einen Verbotsvertrag der Vereinten Nationen. Sie werden von 123 der 193 Mitgliedstaaten getragen. Es ist aber keiner der höchstens neun Staaten dabei, die im Besitz von Atomwaffen sind. Deswegen gibt es Zweifel, ob sich der Versuch überhaupt lohnt.
Initiiert wurden die Verhandlungen 2014 von einer kleinen Staatengruppe, zu der unter anderen die EUMitglieder Österreich und Irland zählen. Im vergangenen Dezember stimmte die UN-Vollversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit dafür. Bei den Gesprächen im UN-Hauptquartier soll ein Vertrag ausgehandelt werden mit dem Ziel, Atomwaffen für illegal zu erklären und allen Unterzeichnern zu verbieten, Atomwaffen zu entwickeln, besitzen, lagern, stationieren oder zu finanzieren.
Die Atommächte stehen allerdings weiter zum Prinzip der nuklearen Abschreckung. Zudem können sich die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich darauf berufen, dass es schon einen internationalen Vertrag über atomare Abrüstung gibt, den sogenannten Atomwaffensperrvertrag von 1968. Er soll die Ausbreitung von Atomwaffen verhindern und beinhaltet eine Verpflichtung zur Abrüstung – aber kein Verbot. Die Atommächte Indien und Pakistan gehören allerdings nicht zu den Vertragsparteien. Auch Israel und Nordkorea sind nicht dabei. Israel hat den Besitz von Atomwaffen nie zugegeben, aber auch nicht dementiert. Wie weit Nordkorea bei der Entwicklung von Atomwaffen ist, ist unklar.
Deutschland hält sich wie die meisten Nato-Staaten aus den Verbotsverhandlungen heraus. Begründung: Da die Atommächte nicht teilnehmen, können die Verhandlungen nichts ändern. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, spricht von einem „gesinnungsethischen Vorgehen“, das objektiv nichts bringe. Und die CDU-Abgeordnete Katja Leikert sagte vor wenigen Tagen im Bundestag: „Das ist ein bisschen so, wie wenn sich die Mäuse im Viertel verabreden, etwas gegen die Katzen zu tun.“Über die Frage, ob es in Deutschland noch Atomwaffen gibt, wird hierzulande nicht offen gesprochen. Experten gehen aber davon aus, dass auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel noch etwa 20 Sprengköpfe lagern.
US-Präsident Barack Obama hatte 2009 in einer der wichtigsten Reden seiner Amtszeit in Prag die Vision einer atomwaffenfreien Welt beschworen und dafür den Friedensnobelpreis bekommen. 2016 bekräftigte er diese Vision bei seinem Besuch in Hiroshima, wo er als erster US-Präsident der Opfer des Atombombenabwurfs von 1945 gedachte. Doch daraus geworden ist nicht viel. Die Zahl der nuklearen Sprengköpfe weltweit ist zwar seit dem Beginn von Obamas Amtszeit 2009 von 23 300 auf heute rund 15 000 gesunken – zu Zeiten des Kalten Krieges waren es noch rund 70 000. Gleichzeitig investierten aber die USA massiv in die Modernisierung ihrer Atomwaffen. (dpa)