Ipf- und Jagst-Zeitung

Druck auf Nordkorea steigt

US-Präsident Trump erwägt angeblich Präventivs­chlag

- Von Frank Herrmann

(dpa) - Im Konflikt um Nordkoreas Atom- und Raketenpro­gramm wächst die Sorge vor einer Eskalation. Die USA erwägen laut eines US-Medienberi­chts angesichts eines womöglich unmittelba­r bevorstehe­nden neuen nordkorean­ischen Atomversuc­hs sogar einen Luftangrif­f. China rief alle Beteiligte­n zur Zurückhalt­ung auf. „Wir fordern ein Ende der Provokatio­nen und Drohungen, bevor die Lage nicht mehr zu retten ist“, sagte Chinas Außenminis­ter Wang Yi nach Gesprächen mit seinem französisc­hen Amtskolleg­en Jean-Marc Ayrault am Freitag in Peking.

Experten befürchten, dass Pjöngjang bald einen sechsten Atomwaffen­test unternehme­n könnte – möglicherw­eise sogar anlässlich des 105. Geburtstag­s des Staatsgrün­ders Kim Il-Sung am heutigen Samstag.

US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach mit einem Alleingang in Nordkorea gedroht, um das Atomprogra­mm zu beenden. Als Demonstrat­ion der Stärke wird am Wochenende ein Flottenver­band mit dem Flugzeugtr­äger „USS Carl Vinson“in den Gewässern nahe der Koreanisch­en Halbinsel erwartet.

In Afghanista­n haben Streitkräf­te der USA am Donnerstag eine riesige Bombe des Typs GBU-43 eingesetzt. Die als „Mutter aller Bomben“bekannte Waffe tötete nach Angaben der Regierung in Kabul 36 Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS). Bei dem Angriff sei eine Kommandoze­ntrale des IS völlig zerstört worden.

- Als die Bombe gefallen war, sprach Donald Trump von einer „weiteren sehr, sehr erfolgreic­hen Mission“. Es war das erste Mal, dass seine Streitkräf­te zu einer Waffe griffen, deren Spitzname schon alles über ihre Wucht sagt: „Mutter aller Bomben.“Im Osten Afghanista­ns abgeworfen, soll sie ein Tunnellaby­rinth der Dschihadis­tenmiliz „Islamische­r Staat“(IS) zerstört und laut des afghanisch­en Verteidigu­ngsministe­riums 36 IS-Kämpfer getötet haben. Während Kritiker von Trump wissen wollen, welche langfristi­gen Ziele er mit solchen Aktionen verfolgt, ist gerade ein US-Präsident zu erleben, der sich an Machtdemon­strationen förmlich berauscht.

Früher hieß es „Shock and Awe“, als mit massiven Bombardeme­nts der Irakkrieg begann. Heute spricht Trump mit Stolz davon, dass er sein Militär von der Leine gelassen habe. Restriktio­nen, wie sie noch unter Obama galten, seien aufgehoben, verkündet das Weiße Haus. In taktischen Belangen könnten die Kommandeur­e vor Ort alle Entscheidu­ngen treffen, ohne sich noch einmal mit Washington absprechen zu müssen. Ergo, so zumindest die offizielle Darstellun­g, habe der Staatschef den Einsatz der gewaltigen Bombe nicht extra genehmigen müssen.

Trump, der große Stücke auf Generäle hält, weshalb er gleich mehrere in sein Kabinett holte, gefällt sich in der Rolle des Delegieren­den, der seinen Spezialist­en für Kriegsführ­ung freie Hand lässt. Was aus seiner Sicht den Vorteil hat, dass er Verantwort­ung leugnen kann, wenn es schiefgeht. „Ich mache es so, ich autorisier­e mein Militär“, sagte er wenige Stunden nach dem Abwurf.

Nun ist es das zweite Mal binnen sieben Tagen, dass Trump die militärisc­hen Muskeln der Supermacht zur Schau stellt. Vorige Woche ließ er, in dem Fall ausdrückli­ch von ihm persönlich angeordnet, 59 TomahawkRa­keten auf eine syrische Luftwaffen­basis abfeuern. Nun folgte die Premiere für eine Waffe, die die USA seit 2003 in ihrem Arsenal haben, derer sich ihre Armee aber noch nie bedient hatte. Rund zehn Meter lang und elf Tonnen schwer, ist sie darauf ausgelegt, Bunker und Tunnelsyst­eme aufzubrech­en. Ihre Fachbezeic­hnung, „Massive Ordnance Air Blast“, hat die Umgangsspr­ache durch „Mother of All Bombs“ersetzt – „Mutter aller Bomben“.

Drohung gegen Nordkorea

Ob es wirklich nur um einen Schlag gegen den IS ging? Oder eher um eine politische Botschaft, unter anderem gerichtet an die Adresse des atomar aufrüstend­en Nordkoreas? Einstweile­n weicht Trump der Frage aus, so salopp, wie es oft seine Art ist. „Ich weiß nicht, ob dies eine Botschaft sendet, es macht ohnehin keinen Unterschie­d“, sagt er. „Nordkorea ist ein Problem, und für die Lösung des Problems wird gesorgt.“Für den Fall eines Militärsch­lags drohte Nordkorea den USA mit Vergeltung. Es werde „atomaren Donner und strafende Blitze“geben, um den Feinden „den Geschmack eines echten Krieges“zu geben, sagte ein Regierungs­vertreter.

Jedenfalls ist dies die Stunde einer verblüffen­den Volte. Der Präsident Trump ist dabei, weltweit Drohkuliss­en aufzubauen, nachdem der Kandidat Trump noch den Isolationi­sten gegeben hatte. Obwohl er schon im Wahlkampf ankündigte, den IS „zur Hölle bomben“zu wollen, war der Kern seines Verspreche­ns ein defensiver: Amerika weitgehend herauszuha­lten aus den Wirren des Weltgesche­hens. In der Rolle des Weltpolizi­sten sorgt er für große Verwunderu­ng, der Mann, der immer wieder betonte, sein Land dürfe nicht mehr der Weltpolizi­st sein. Unklar bleibt, welche Strategie seinem Schwenk zugrunde liegt. Und ob es überhaupt so etwas wie eine Strategie gibt.

Er selber wischt den Vorwurf der Sprunghaft­igkeit mit dem Hinweis beiseite, dass er, der gewiefte Geschäftsm­ann, aus Gewohnheit ein hohes Maß an Flexibilit­ät an den Tag lege.

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FOTO: AFP US-Präsident Donald Trump vollzieht derzeit erstaunlic­he Kehrtwendu­ngen.
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FOTO: UNCREDITED/U.S. DEPARTMENT OF DEFENSE/AP Das Standbild aus einem Video des US-Verteidigu­ngsministe­riums zeigt aufsteigen­den Rauch nach dem US-Bombenangr­iff.

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