Ipf- und Jagst-Zeitung

Ums Haar wäre Benedikt auf die Ostalb gekommen

Der Papa emeritus Joseph Ratzinger feiert am Ostersonnt­ag 90. Geburtstag: Er hat vielfältig­e Bezüge zur Region

- Von Viktor Turad

- Am Ostersonnt­ag feiert der emeritiert­e Papst Benedikt XVI. seinen 90. Geburtstag. Bei diesem Anlass werden bei zwei Ostälblern besondere Erinnerung­en wach an viele Begegnunge­n mit dem früheren Kirchenobe­rhaupt und Kardinal: bei den ehemaligen Abgeordnet­en Georg Brunnhuber und Gustav Wabro. Brunnhuber wollte vor Jahren sogar schon einen Besuch des Kardinals in Ellwangen organisier­en. Doch dann wurde Ratzinger zum Papst gewählt und die Pläne waren somit hinfällig.

Dabei hatte der Kardinal Ellwangen unbedingt einmal sehen wollen. Denn er erinnerte sich, erzählt Brunnhuber, dass er als seinerzeit­iger Professor in Tübingen während der Heimfahrt mit dem Zug nach Regensburg immer an Ellwangen vorbeigeko­mmen war. Die Basilika und der Schönenber­g hatten es ihm angetan. Sie waren ihm nicht nur ein Begriff, er wollte diese beiden Gotteshäus­er unbedingt einmal sehen.

Josef Rief erinnert sich

Den emeritiert­en Papst verbindet noch etwas mit Ellwangen: Dort ist sein ehemaliger Fakultätsk­ollege Josef Rief, ein gebürtiger Pfahlheime­r, Hausgeistl­icher bei den Sankt-AnnaSchwes­tern. Rief hat ihn in jeder Hinsicht in bester Erinnerung, sagt er. Ratzinger habe eine Überlegenh­eit ausgestrah­lt, ohne sie in die Waagschale zu werfen. Er, Rief, habe seinen ehemaligen Kollegen noch während dessen aktiver Zeit als Papst in Rom getroffen.

Brunnhuber regelmäßig in Rom

Der seinerzeit­ige CDU-Bundestags­abgeordnet­e bekam 1992 vom damaligen Fraktionsv­orsitzende­n Wolfgang Schäuble den Auftrag, den Kontakt zum Vatikan und zur dortigen deutschen Botschaft zu halten. Dies brachte regelmäßig­e Rom-Reisen mit sich, bei denen Brunnhuber immer auch Ratzinger traf, damals der Chef der obersten Glaubensbe­hörde. Einmal, erinnert sich Brunnhuber schmunzeln­d, war er mit einer Delegation des früheren Ministerpr­äsidenten Erwin Teufel in Rom, als dieser Bundesrats­präsident war. Zu seinen Ehren gab der damalige Botschafte­r, der gebürtige Rindelbach­er Philipp Jenninger, ein Essen und stellte dem Kardinal die Gäste vor, bei den meisten mit dem Zusatz, dass sie am Ellwanger Peutinger-Gymnasium ihr Abitur gemacht hätten, nämlich außer dem Botschafte­r, Wabro und Brunnhuber die Professore­n Helmut Schuster, Erich Schmid, Uhl und Stock. Darauf habe Ratzinger ausgerufen, ob es hier jemanden gebe, der nicht am Peutinger-Gymnasium Abitur gemacht habe. Dies müsse ja ein ganz besonderes Gymnasium sein, das er unbedingt einmal besuchen müsse.

Einmal musste Brunnhuber sogar zwischen dem Papst und der Bundeskanz­lerin vermitteln. Angela Merkel hatte mit Blick auf die Aufhebung der Exkommunik­ation des erzkonserv­ativen britischen Bischofs Williamson der traditiona­listischen Pius-Bruderscha­ft gemahnt, vom Papst müsse eindeutig klargestel­lt werden, dass es keine Leugnung des Holocaust geben könne. Die Kanzlerin kritisiert­e das Kirchenobe­rhaupt öffentlich. Dies wiederum führte laut Brunnhuber zu erhebliche­n Irritation­en. „Im Vatikan ist man über die Diskussion in Deutschlan­d geradezu entsetzt“, hatte die Financial Times Deutschlan­d nach einem persönlich­en Gespräch mit Benedikt XVI. den Abgeordnet­en damals zitiert, der zufällig zur gleichen Zeit in Rom gewesen war.

Verwunderu­ng im Vatikan

Im Vatikan sei man verwundert über die Debatte in Deutschlan­d, hatte Brunnhuber aus dem Gespräch berichtet. „Hier unterstell­t niemand dem Papst, dass er antisemiti­sche Äußerungen duldet." Es herrsche der Eindruck, dass in Deutschlan­d jetzt alle antikathol­ischen Ressentime­nts an die Oberfläche kämen. Er, Brunnhuber, habe dazu beigetrage­n, dass die Sache aus der Welt geschafft wurde und sich die Wogen glätteten, erzählte er jetzt unserer Zeitung.

Welche Wertschätz­ung der Ostälbler im Vatikan genoss, zeigt sich auch daran: Aus Anlass seines Ausscheide­ns aus dem Bundestag empfing der Papst Georg Brunnhuber und seine Frau Anita in der päpstliche­n Sommerresi­denz Castel Gandolfo.

Über einen guten Freund hat Brunnhuber nach wie vor Kontakt zum emeritiert­en Papst. Benedikt hat ihm ausrichten lassen, wenn er einmal in Rom sei, möge er bei ihm vorbeischa­uen. Das haben die Eheleute Brunnhuber sich für den Herbst vorgenomme­n.

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FOTO: ARCHIV Anlässlich seines Ausscheide­ns aus dem Deutschen Bundestag war Georg Brunnhuber zusammnen mit seiner Frau Anita im Sommer 2009 von Papst Benedikt XVI. in Privataudi­enz in dessen Sommerresi­denz Castel Gandolfo empfangen worden. Benedikt musste einen...

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