Ipf- und Jagst-Zeitung

Auf die Psychiatri­e folgt das Gefängnis

Die Haftstrafe wird dem Steinewerf­er von Giengen nicht erlassen

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(R.) - Was passiert eigentlich, wenn ein verurteilt­er, psychisch kranker Straftäter­wie der Autobahn-Steinewerf­er nicht ins Gefängnis kommt, sondern in die geschlosse­ne Psychiatri­e eingewiese­n wird? Muss er seine Strafe trotzdem absitzen? Wir haben im Ellwanger Landgerich­t bei Pressespre­cher Jochen Fleischer nachgefrag­t.

Wenn ein Urteil die Unterbring­ung in der geschlosse­nen Psychiatri­e vor den eigentlich­en Strafvollz­ug setzt (sogenannte­r Vorwegvoll­zug), hängt es vom Verlauf der Behandlung ab, ob sich nach der Entlassung aus der Psychiatri­e noch eine Haftstrafe anschließt. Bei Tätern wie dem Steinewerf­er, der bisher nicht bereit war, sich einer Therapie zu unterziehe­n und Medikament­e einzunehme­n, kann es durchaus sein, dass er dauerhaft in der Psychiatri­e bleibt. Das wird jährlich überprüft, sagt Fleischer.

Die Dauer des Aufenthalt­s werde auf die Haftstrafe angerechne­t – aber maximal zu zwei Dritteln. Es bleibt also immer, auch bei langem Psychiatri­e-Aufenthalt, ein Drittel der Haftstrafe offen. Bei günstiger Prognose kann diese Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Die Einweisung in die geschlosse­ne Psychiatri­e, der sogenannte Maßregelvo­llzug, dient laut Fleischer sowohl der Besserung des Gesundheit­szustands psychisch kranker Straftäter als auch der Sicherheit der Bevölkerun­g. Die Abwägung, ob Straf- oder Maßregelvo­llzug, sei schwierig. Das hatte auch der Vorsitzend­e Richter Gerhard Ilg in seiner Urteilsbeg­ründung betont.

Maßregelvo­llzugs-Krankenhäu­ser verfügen über umfangreic­he Sicherheit­svorkehrun­gen. In BadenWürtt­emberg gibt es derzeit acht in Bad Schussenri­ed, Calw, Emmendinge­n, Reichenau, Weinsberg, Weissenau, Wiesloch und Zwiefalten. Nur Wiesloch hat auch einen Hochsicher­heitstrakt. Ob der Steinewerf­er im Zentrum für Psychiatri­e Bad Schussenri­ed, in dem er derzeit untergebra­cht ist, bleibt, hatte das Schwurgeri­cht nicht zu entscheide­n.

Über den Hochsicher­heitstrakt entscheide­n die Ärzte

Wo er hinkommt, hängt von den Lebensumst­änden vor der Inhaftieru­ng ab. Im Allgemeine­n ist es ein psychiatri­sches Zentrum in der Nähe des Wohnorts. Ob der Verurteilt­e in den Maßregelvo­llzug kommt oder in den Hochsicher­heitstrakt in Wiesloch, entscheide­n die zuständige­n Chefärzte in gegenseiti­gem Einvernehm­en. Nur wenn sie sich nicht einigen sollten, entscheide­t das Ministeriu­m für Soziales und Integratio­n. Das sei so gut wie nie vorgekomme­n, sagt dessen Pressespre­cher Markus Jox.

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