Wirtschaftspolitik gleicht Anakonda
Die Minister entscheiden darüber, ob Griechenland neue Kredite bekommt, um alte, fällige Kredite abzulösen. Der Streitpunkt dabei ist, welchen Primär-Überschuss die griechische Sparpolitik einbringen muss. Der deutsche Finanzminister Schäuble betätigt sich dabei als Chef-Schuldeneintreiber. Das liegt voll auf der Linie der deutschen Reichtumspflege. In ihrem aktuellen Länderbericht wirft die Europäische Kommission Deutschland vor, in hohem Maß zur Vergrößerung der Armut in Deutschland beigetragen zu haben. Die Leistungen für Hartz-IV-Bezieher, Wohngeld-Empfänger oder Bafög-Berechtigte seien nicht einmal im Maß der Preissteigerung erhöht worden. Die Menschen am unteren Ende der Einkommensskala seien vom Wohlstandsanstieg am oberen Ende der Skala abgekoppelt worden. Ähnliche Kritik kam von der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds und von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Die Steuerreformen haben die Konzerne und Großunternehmen entlastet, wodurch Deutschland seine Stellung als Exportgigant ausbauen konnte. Das erhöhte nicht nur die soziale Spaltung in Deutschland, sondern auch international. Denn die Gewinne aus Exportüberschuss des einen sind die Verluste aus Importüberschuss des anderen. Sie stürzen die Länder in die Schuldenfalle und in wachsende Arbeitslosigkeit. Diese wirtschaftliche Eroberungspolitik wird vorwiegend von der Lobby der Konzerne bestimmt. Sie können mit dem Abbau und der Verlagerung von Arbeitsplätzen drohen und haben unzählige Politiker auf ihrer Gehaltsliste. Statt um die zu geringe Nachfrage wirtschaftlich Krieg zu führen, sollten sich die Länder auf Außenhandelsgleichgewicht einigen und der drohenden Arbeitslosigkeit durch Arbeitszeitverkürzung entgegenwirken. Stattdessen gleicht die deutsche Wirtschaftspolitik dem Vorgehen der Würgeschlange Anakonda. Nur hängt sie sich auch noch das Mäntelchen der Rechtschaffenheit um. Hans Oette,
Mogelpackung statt Füllhorn
Zum Interview „Väter und Mütter wollen beides: Beruf und Familie“mit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) (4.4.): Nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch Tausende von Eltern halten von dem neuesten Projekt „Familienarbeitszeit“aus dem Hause Schwesig null und nichts! Denn was die Ministerin als Füllhorn verkauft, ist in Wirklichkeit eine Mogelpackung, mit der die SPD auf Stimmenfang geht. Zwei Drittel aller Mütter von Babys würden sich liebend gern vollzeitig um ihr Kind kümmern wollen, aber viele müssen erwerbstätig sein, um finanziell überhaupt über die Runden zu kommen. Nur betuchte Mütter können heute ihr verbrieftes Verfassungsrecht nach Artikel 6 des Grundgesetzes noch wahrnehmen.
Wer hat denn die Familien in die wirtschaftskompatible Zwangsjacke gepresst, ohne Rücksicht auf die biologischen Rhythmen und die psychischen Bedürfnisse der Kinder? Es waren die christlich-sozial-grün-liberalen Koalitionen im Verein mit der unersättlichen Wirtschaft. Für diese war und ist genug nie genug. Je mehr man politisch gewollt die Löhne drückt, umso bereitwilliger stehen junge Mütter am Fließband. Nach dem Willen von Frau Schwesig sollen Mütter statt in Teilzeit mehr Stunden im Betrieb zubringen und deren Kinder ihre Mama noch länger entbehren. Das Ganze nennt sich dann beschönigend „Entlastung von Familien“. Dabei nimmt die Abwesenheit im Kinderzimmer zu. Die überwiegende Zeit gehört dem Betrieb, der Familie nur noch der klägliche Rest. Bärbel Fischer,
Die rote Karte zeigen
Zum Thema „Erdogan feiert seinen knappen Sieg“über das Referendum in der Türkei erreichten uns folgende Zuschriften (18.4.): Angeblich wussten viele Türken nicht Bescheid über Sinn und Zweck der Wahlen, insbesondere Erdogans Anhänger! Es riecht nach Wahlbetrug beziehungsweise Auszählmanipulation.
Die Nato sollte endlich raus aus der Türkei, den Stützpunkt verlagern, die deutschen Soldaten sind unerwünscht. Das muss man unseren Soldaten nicht antun! Türkische Politiker haben mit Erdogan weder Rederecht noch Versammlungsrecht. Viele haben den Sinn der Wahl nicht verstanden und werden weiter gespalten. Solange Erdogan die Menschenrechte missachtet, die Todesstrafe einführen will, ist er weit von Demokratie entfernt und hat in der EU nichts verloren!
Die Türkei sollte wirtschaftlich wie in der Tourismusbranche bestraft und gemieden werden, auch mit einem Ende der Waffenlieferungen. Die Türken, die mit „Nein“gestimmt hatten, sollen unterstützt werden! Für ein friedliches Miteinander. Die Türkei darf Demokratie nicht mit Füßen treten! Ich hoffe, die Oppositionsparteien haben die Kraft, die Wahl und deren Ergebnis anzufechten. An unsere verantwortliche Politik und die Regierungsparteien appelliere ich, dass sie besonnen reagieren und besonnen handelnd auftreten, Erdogan die rote Linie und rote Karte zeigen! Josef Roth,
Zum Thema „Einigung zu Griechenland naht“(8.4.): Neuenstadt Leutkirch-Stadt Wangen
EU hat Fehler gemacht
Zum selben Thema: Das Referendum zum Präsidialsystem ist ein Alleinregieren des Herrn Erdogan unter Ausschaltung des Parlaments und das nach meiner Information auf 30 Jahre. Das ist vielen Türken nicht bekannt. Er kann damit Kritiker oder Andersdenkende einsperren – wie schon geschehen – durch Einführung der Todesstrafe – für die er sich stark macht – Gegner seiner Regierung liquidieren.
Die EU hat Fehler gemacht, indem sie der Türkei eine Mitgliedschaft in Aussicht stellte und jahrelang rumeierte. Ein Assoziierungsabkommen, wie es Bundeskanzlerin Merkel ganz am Anfang vorschlug, wurde in Brüssel einfach nicht zur Kenntnis genommen.
Die Türkei ist von der Geografie und der Kultur kein europäisches Land, es ist Orient. Und nur durch die Eroberung des europäischen Teils bleibt die Kultur nach wie vor orientalisch.
Vor einigen Jahren wurde die Türkei von der damaligen EWG als „der kranke Mann vom Bosporus“bezeichnet. Und es sieht so aus, als wenn sie durch diesen Demagogen wieder dorthin schlittert. Hermann Lüdecke, Meckenbeuren
Presse in der Pflicht
Zum selben Thema: Anregung für den Umgang mit Herrn Erdogan. Nachdem sich unsere Politiker verständlicherweise sehr schwer tun, diesem Herrn gebührend zu antworten, sollte das die deutsche Presse übernehmen. Gott sei Dank haben wir Pressefreiheit und können diesem Herrn alles sagen, ob er es gerne hört oder nicht.
Die Politik könnte sich immer dahinter verstecken und auf die Pressefreiheit verweisen. Das Übelste für einen Menschen ist es, nicht voll genommen zu werden. Ich bin mir sicher, dass Sie viele Leute beschäftigen, die das viel besser können als ich. Notfalls genügt ein ganz kleiner Hinweis auf Satire und es wäre auch rechtlich sicher. Alfred Weih,
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