Das will reiflich überlegt sein
Eine Adoption ist eine Entscheidung fürs Leben
(dpa/tmn) - Wenn es mit eigenem Nachwuchs nicht klappt, oder wenn das Kind des Partners angenommen werden soll – die Gründe für eine Adoption sind ganz unterschiedlich. „Diese Entscheidung muss reiflich überlegt sein“, sagt Wolfgang Köhler von der Zentralen Adoptionsstelle im Landschaftsverband Rheinland mit Sitz in Köln. Denn ein Zurück gibt es nicht. Durch die Adoption wird das Kind vollwertiges Mitglied in der neuen Familie.
Im Jahr 2015 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 3812 Kinder adoptiert. „Ein Großteil der Adoptionen heutzutage ist die Stiefkindadoption“, erklärt Köhler. Sie machten allein 2015 bundesweit zwei Drittel aller Adoptionen aus.
Beispiel für eine Stiefkindadoption: Eine Ehe scheitert, die Mutter heiratet wieder, und der neue Ehemann nimmt die Kinder seiner Frau als seine eigenen an. Ob nun ein Stiefkind oder ein fremdes Kind adoptiert werden soll: Interessenten müssen sich grundsätzlich an die Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter, die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter oder die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen freier Träger wie etwa die Diakonie oder den Sozialdienst katholischer Frauen wenden. Sie sind auch erste Anlaufstellen für die Adoption eines Kindes aus dem Ausland.
Natürlicher Altersabstand
Wer ein Kind adoptieren möchte, muss mindestens 25 Jahre alt sein – ein Höchstalter gibt es nicht. „Allerdings sollte es für das Wohl des Kindes einen Altersabstand geben, der einem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis entspricht“, sagt Köhler. Adoptiert ein Ehepaar ein Kind, dann reicht es, wenn einer 25 Jahre alt ist, der oder die andere muss aber mindestens 21 Jahre alt sein. Kinderlos sein müssen Adoptiveltern nicht. „Es kann sogar wünschenswert sein, dass das adoptierte Kind mit Geschwistern aufwächst – das hängt aber immer vom Einzelfall ab“, betont Birgit Zeller. Sie ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter.
Prinzipiell läuft das Verfahren so: Nachdem Kontakt mit den Vermittlungsstellen aufgenommen wurde, finden dort Bewerbergespräche statt. „Das können zwischen vier und sechs Gespräche sein“, erläutert Köhler. Dabei setzen sich erfahrene Sozialarbeiter mit den Adoptionswilligen zusammen. Ausgelotet wird, welche Erwartungen die potenziellen Adoptiveltern haben, wie flexibel und belastbar sie sind und mehr.
„Die meisten Interessenten wollen einen Jungen oder ein Mädchen im Kleinkindalter, vorzugsweise einen Säugling“, sagt Köhler. Kommen die Sozialarbeiter zu dem Ergebnis, dass die Bewerber als Adoptiveltern geeignet sind, dann beginnt die Zeit des Wartens, bis ihnen ein passendes Kind vorgeschlagen werden kann. Die Gespräche mit Adoptionswilligen können aber auch in Ausnahmefällen zu dem Ergebnis führen, dass die Fachleute von einer Adoption abraten. „Ein möglicher Ausschlussgrund ist etwa eine schwere psychische Erkrankung eines potenziellen Adoptivelternteils“, erklärt Köhler.
Prinzipiell müssen mit einer Adoption die Adoptiveltern, das Kind und dessen leibliche Eltern einverstanden sein. „Für ein Kind unter 14 Jahren muss sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung geben“, sagt Zeller. Das Ja eines Elternteils kann durch den Beschluss eines Familiengerichts ersetzt werden. Auch bei der Annahme eines Stiefkindes müssen beide leiblichen Elternteile zustimmen.
Bevor es aber zur Adoption kommt, wird das Kind den künftigen Adoptiveltern in der Regel erst für einige Zeit in Pflege gegeben. „In der Pflegezeit soll das Verhältnis zwischen den neuen Eltern und dem Kind gefestigt werden“, betont Zeller. Voraussetzung für die Adoption ist die Prognose, dass die Adoption für das Kind das Beste ist – und die Prognose, dass zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Diese Prognose geben die Sozialarbeiter der Adoptionsvermittlungsstellen, die das Verfahren begleiten.
Dann müssen die künftigen Adoptiveltern einen Antrag beim Familiengericht stellen. Dabei helfen auf Familienrecht spezialisierte Fachanwälte. „Der Antrag muss notariell beurkundet sein“, sagt der Jurist Martin Wahlers von der Kanzlei Dingeldein Rechtsanwälte in Darmstadt. Das Familiengericht prüft den Antrag und spricht per Beschluss die Adoption aus. Wie lange ein solches Verfahren insgesamt dauert, lässt sich nicht allgemein sagen.
Auf jeden Fall kostet es Geld. Bei Inlandsverfahren summieren sich laut Köhler die Kosten einschließlich Notar- und Gerichtsgebühren auf einige Hundert Euro. Deutlich teurer wird es bei Auslandsadoptionen, erklärt Köhler: „Unter dem Strich können Kosten von bis zu 20 000 Euro zusammenkommen – inklusive Kosten für Übersetzungen, Beglaubigungen und dergleichen.“