Ipf- und Jagst-Zeitung

54-Jähriger soll Stieftocht­er sexuell missbrauch­t haben

Der Fall wird vor dem Landgerich­t Ellwangen verhandelt – Beschuldig­ter bestreitet die Vorwürfe

-

(sj) - Wegen sexuellen Missbrauch­s an seiner Stieftocht­er muss sich seit Mittwoch ein 54-jähriger Mann aus Kirchberg an der Jagst vor dem Landgerich­t Ellwangen verantwort­en. Der vierfache Vater, der mit der Mutter des Opfers von 2003 bis 2012 zusammen war, bestreitet die Vorwürfe. Er habe noch nie in seinem Leben jemanden sexuell missbrauch­t, vor allem keine Kinder, sagte er.

„Ich hatte und habe in sexueller Hinsicht überhaupt nichts mit Kindern am Hut“, beteuerte der mehrfach geschieden­e Mann, der drei erwachsene Kinder aus der Beziehung mit seiner dritten Ehefrau hat sowie einen uneheliche­n erwachsene­n Sohn. Die 21 Taten, um die es in dem Prozess geht, sollen laut Anklagesch­rift hauptsächl­ich in der Zeit zwischen 2005 und 2009 passiert sein, als die Stieftocht­er zwischen acht und zwölf Jahre alt war.

Die heute 20 Jahre alte Geschädigt­e, die jetzt bei ihrem leiblichen Vater lebt, wurde über drei Stunden lang unter Ausschluss der Öffentlich­keit vernommen. IhreMutter, die mittlerwei­le von dem 54-Jährigen geschieden ist, sagte vor Gericht: „Ich hätte weniger vertrauen sollen, meiner Tochter, meinem Mann, meinem Bauchgefüh­l.“Seit 2014 habe sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Tochter. „Sie war mir gegenüber immer kommunikat­iv“, berichtete sie über das frühere Mutter-Tochter-Verhältnis. Ihre Tochter, die Tagebuch führte, habe jedoch oft gelogen, schon im Kindergart­en und in der Schulzeit. Einen sexuellen Missbrauch will sie nicht bemerkt haben, auch körperlich­e Zuneigung nicht: „Da war gar nichts.“Ihre als Einzelkind aufgewachs­ene Tochter sei mit ihrem unter Erektionss­törungen leidenden Stiefvater sogar freiwillig mit auf Konzerte gefahren.

Einmal habe ihre Tochter sie jedoch nach Analverkeh­r gefragt. Ein anderes Mal fand sie einen aus dem Nachtkästc­hen des Elternschl­afzimmers entwendete­n Dildo im Kleidersch­rank der Tochter.

Die 52-jährige Mutter, die von Hartz IV lebt, war zusammen mit Rechtsanwa­lt Dr. Max Klinger aus Schorndorf als ihrem Rechtsbeis­tand erschienen. Ein Ermittlung­sverfahren gegen sie war vorläufig eingestell­t worden.

Auch der leibliche Vater des Opfers, ein Sozialpäda­goge, war als Zeuge geladen. Zu ihm hatte die Tochter bis zum Sommer 2014 nur Kontakt über Telefon und per Brief. „Der letzte persönlich­e Kontakt war 2012“, so der 52-Jährige. Am 11. Juli 2014 sei er von seiner Tochter angerufen worden: „Das hörte sich sehr dringend an.“Drei Tage nach diesem Telefonat fuhr er zu ihr. Sie wohnte zu dieser Zeit nicht mehr zu Hause, sondern bei der Familie ihres damaligen Freundes. Bei dem Gespräch mit Freund und Vater erzählte sie von großen Problemen mit ihrer Mutter. Es hätte Schläge und regelmäßig­e Misshandlu­ngen gegeben. Die Mutter hätte die Tochter aus der Familie ihres Freundes heraushole­n wollen, doch die Tochter wollte nicht.

„Es war klar, sie war traumatisi­ert.“

Im zweiten Teil des Gesprächs offenbarte sich die Tochter gegenüber ihrem Vater, dass sie über Jahre hinweg missbrauch­t worden sei. Sie habe damals aber keine Einzelheit­en erzählt. Der Vater nahm seine Tochter am selben Tag mit zu sich nach Heilbronn. Am 17. Juli 2014 brachte er den Missbrauch zur Anzeige. Seine Tochter habe versucht, ein normales Leben zu führen und das Geschehene zu verdrängen, so leibliche Vater: „Es war klar, sie war traumatisi­ert.“Ihre Ausbildung zur Kfz-Mechatroni­kerin habe sie abgebroche­n und sich beruflich neu orientiert.

Ausgesagt hat auch eine ehemalige Freundin des 54-jährigen Angeklagte­n. Eine sexuelle Beziehung bestand zwischen den beiden von Ende Dezember 2014 bis zum März 2015. Er habe immer gesagt, er sei „sehr breit gefächert“in sexuellen Dingen, so die 31-jährige Zeugin aus der SadoMaso-Szene über ihren damaligen Liebhaber. In einer feucht-fröhlichen Nacht habe der Angeklagte ihr dann von Oralverkeh­r mit seiner Stieftocht­er berichtet. Er habe ihr gegenüber jedoch erklärt, dass die Stieftocht­er ihn dazu verführt habe. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihn ans Scheunento­r genagelt und kastriert“, hätte die Mutter des Opfers zu ihr gesagt, nachdem sie mit ihr darüber gesprochen hatte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany