Vom Schlusslicht zum Gestalter der Zukunft
Im InnoZ der Hochschule Aalen werden Ideen geboren – Die Region soll attraktiv für junge Gründer werden
- Wie nur wenig andere Bildungseinrichtungen in Deutschland hat sich die Hochschule Aalen der Gründerkultur und Start-ups verschrieben. Mit dem Innovationszentrum (InnoZ) etablierte sie ein Gebäude für einen Bereich, in dem Ostwürttemberg noch einen riesigen Nachholbedarf hat. Im Südwesten ist man Schlusslicht, die Aalener Hochschule will das Problem gemeinsam mit Städten, Unternehmen und regionalen Akteuren angehen.
„Das Thema beschäftigt uns schon lange“, erklärt Hochschulrektor Professor Gerhard Schneider. 2002 kam der von der Kreissparkasse Ostalb gestiftete Lehrstuhl für Existenzgründungen hinzu. Spätestens seit Fertigstellung des InnoZ haben Start-ups – also junge Unternehmer und kreative Köpfe – einen festen Platz in Aalen. Dass das nötig ist, belegen die Zahlen der Industrieund Handelskammer. Hier landet Ostwürttemberg auf dem letzten von elf Plätzen im Landesvergleich.
Doch auch insgesamt ist die amerikanische Entrepreneurship, also die sogenannte Gründerkultur, relativ spät in Deutschland angekommen. In den 1990er Jahren konnte man hierzulande das Entstehen beobachten, erläutert Holger Held, Professor für Existenzgründung und strategische Planung: „In den USA traf man sie bereits viel früher an.“
75 kreative Köpfe in 25 Gründerteams
Gleich mehrere Akteure arbeiten beim InnoZ Hand in Hand. Neben Hochschule, IHK, der Wirtschaftsförderung und Handwerkskammer sowie der Stadt Aalen fördert auch die EU das Projekt, erklärt Dr. Andreas Ehrhardt, Innovationsmanager und Geschäftsführer des Innovationszentrums an der Hochschule Aalen. Hinzu kommen zahlreiche Unterstützer aus der Wirtschaft, die sich im Förderverein engagieren.
Durchschnittlich 75 kreative Köpfe in 25 Gründerteams haben sich dauerhaft an der Anton-Huber-Straße angesiedelt. Auf drei Jahre sind die Büros befristet, klappen die ersten und schwierigen Schritte der Start-ups, gibt es eine Option auf weitere drei Jahre. In dieser Zeit treffen junge Unternehmer in ganz unterschiedlichen Phasen aufeinander. 16 Teams sind derzeit noch in einem frühen Stadium, ohne großes Risiko planen die Gründungsinteressierten und feilen an ihren Ideen. Die übrigen neun Teams können schon zu den frischen Gründern gezählt werden; sie kämpfen ums Überleben und stecken mitten in den ersten Schritten, so Ehrhardt.
Dabei versteht sich das InnoZ als „Durchlauferhitzer für die Szene", nach maximal sechs Jahren ist aber nicht Schluss. „Gemeinsam mit Stadt und Wirtschaftsförderung arbeiten wir daran, dass die Start-ups an Flächen im Gewerbegebiet kommen“, sagt Schneider.
Eine wichtige Aufgabe komme der Hochschule aber schon im Vorfeld zu. Der Rektor will möglichst viele Studenten erreichen und sie darauf aufmerksam machen, dass die Gründung und das „selber Gestalten von etwas Neuem" echte Alternativen sein können. Wichtig sei dabei, erläutert Held, dass die Erstsemester eine mögliche Gründung nicht mit Risiken assoziieren. „Die Interessierten direkt mit Buchführung zu malträtieren, ist ebenfalls kontraproduktiv." Das Ziel: begeistern, planen, Ideen durchspielen und entwickeln.
Warum ist das Gründen so unattraktiv im Ostalbkreis?
Für Schneider ist das Projekt einer innovativen Hochschule voll auf Kurs. Mit Held und Ehrhardt konnte er zwei Personalstellen in dem Bereich etablieren. Wie viele Unternehmen in 10 bis 15 Jahren aus den heutigen Teams entstanden sein werden, vermag er jedoch nicht abzuschätzen. Das benötige etwas Geduld.
Doch warum war und ist das Gründen unattraktiver als in anderen Regionen? Für Held hat dies gleich mehrere Faktoren. Einerseits sei die konjunkturelle Lage gut, die Arbeitslosigkeit ist gering. Andererseits säßen im Ostalbkreis zahlreiche Unternehmen und Weltmarktführer, die Absolventen lukrative Möglichkeiten bieten könnten. Daher sei die persönliche Notwendigkeit, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, häufig nicht gegeben. „Bei einem Blick auf die regionale Wirtschaft sehen wir, dass vor Ort unheimlich viele Patente produziert werden.“Doch auch bei den großen Unternehmen finde aktuell ein Umdenken statt. „Start-ups werden als Beiboote für große Betriebe immer wichtiger, diese sind auf die Flexibilität der jungen Unternehmer angewiesen.“
Doch der ländliche Raum erschwere es Start-ups, betont Ehrhardt. Im Vergleich zu den großen deutschen Städten wie Berlin, Hamburg und München fehlen Netzwerke und das wichtige Kontakteknüpfen gestaltet sich schwieriger. „Mit dem Innovationszentrum können wir das ausgleichen und optimale Rahmenbedingungen schaffen." Die Gleichgesinnten treffen in den Gemeinschaftsbüros im InnoZ auf kurze Wege, persönlichen Kontakt und die Betreuung durch die Hochschule, ergänzt der Rektor.
Und in Zukunft? Alle drei versprechen sich von ihrem Bemühen zukunftsfähige und zusätzliche Arbeitsplätze. Die Start-ups sollen ein Motor für den Ostalbkreis werden, der Wirtschaftsleistung schafft und enge Beziehungen zu den Betrieben vor Ort pflegt. „Wenn es dennoch schiefgeht, ist das nicht mehr schlimm“, gibt Ehrhardt seinen angehenden Gründern mit auf den Weg. Die Stigmatisierung, wie sie noch vor einigen Jahren anzutreffen war, sei überwunden. „Dem PaypalGründer ist auch erst im fünften Anlauf der Durchbruch gelungen.“