Neue Intercity-Züge fahren auf Gäubahn
Minister Hermann und Bahnvorstand Bohle testen neuen Doppelstock-IC
STUTTGART (tja) - Ab Ende 2019 gibt es eine stündliche, durchgehende Verbindung von Stuttgart nach Zürich. Dann werden die Züge der Deutschen Bahn mit der ETCS-Technik ausgestattet sein, die für Fahrten in der Schweiz Pflicht sind. Das sagten Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Bahnvorstand Birgit Bohlen. Beide absolvierten eine Probefahrt mit den neuen Intercity-2-Zügen, die ab Dezember 2018 auf der Gäubahn verkehren sollen. Damit werden auch modernere Züge als bisher fahren. Weil aber die DB-Züge noch ohne ECTS unterwegs sind, müssen Fahrgäste bis 2019 in Singen in Schweizer Züge umsteigen.
STUTTGART - Die Gäubahn diente bislang selten als Beispiel, um die gute Zusammenarbeit zwischen Bahn und Land zu illustrieren. Den Einsatz der neuen IC2-Züge zwischen Stuttgart und Singen aber feiern beide Seiten als Erfolg.
Seit Montag fahren die modernen Züge viermal täglich im Testbetrieb. Am Mittwoch nutzten Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Bahnvorstand Birgit Bohle die Chance für eine medienwirksame Probefahrt. Es bleiben aber Differenzen, etwa um den Einsatz der Neigetechnik. Denn schneller fährt der Zug immer noch nicht.
Im Wechsel mit der SBB
In den Regelbetrieb gehen die neuen Züge ab Dezember 2018. Dann gibt es eine stündliche Verbindung Stuttgart-Zürich. Die DB mit den IC2 und die Schweizer Bahn (SBB) wechseln sich dabei stündlich ab. Damit verdoppelt sich das Angebot auf der Strecke. Wo bisher altes Wagenmaterial zum Einsatz kam, rollen moderne doppelstöckige ICs.
Ein Wermutstropfen: Den neuen DB-Zügen fehlt das Zugsteuerungssystem ETCS. Das benötigen sie, um in der Schweiz fahren zu dürfen. Deshalb müssen Fahrgäste in Singen in einen Schweizer Zug umsteigen. Das bedeutet sieben zusätzliche Minuten. Damit geht nur jede zweite Verbindung direkt in die Schweiz – eben jene, auf denen die SBB-Züge fahren.
Bohle sagte dazu am Mittwoch: „Der DB war natürlich 2013 bewusst, dass wir ETCS brauchen für die Schweiz. Aber es gab so viele Spezifikationen der Schweizer, dass der Hersteller Bombardier dies für die erste Lieferung der IC2 nicht mehr umsetzen konnte.“2011 kamen die neuen Anforderungen der Schweiz, ausgeliefert wurden die Züge ab 2016. Ab Mitte 2018 werden nun alle IC2 umgerüstet, Ende 2019 soll auf der Gäubahn jeder Zug durchrollen zu den Eidgenossen.
ICs fahren sonst nur im Fernverkehr. Auf der Gäubahn hält er auch an kleinen Bahnhöfen. Kunden zahlen für Fahrten bis oder ab der Schweizer Grenze den Nahverkehrspreis. Das Konzept gibt es so nur noch ein weiteres Mal in Deutschland, und zwar zwischen Bremen und Norddeich. Dementsprechend lobten sich Bahn und Land am Mittwoch gegenseitig für das Konzept.
Eigentlich bedient die DB den Fernverkehr in Eigenverantwortung. Für den Nahverkehr sind die Länder zuständig, sie geben Zuschüsse und schreiben die Strecken aus. BadenWürttemberg gibt der DB Geld für den Einsatz der ICs, aber nicht mehr, als man für eine reguläre Nahverkehrsverbindung zahlen müsste.
Doch es bleiben Hindernisse auf der Strecke Stuttgart-Zürich: Das Land will die Fahrtzeit von derzeit gut drei auf 2:37 Stunden senken. Dazu muss die Trasse zweigleisig ausgebaut werden. Das soll in den kommenden Jahren passieren. Nur dank großen Drucks aus dem Land hatte der Bund dazu zuletzt die Voraussetzungen geschaffen und das Projekt als eines der dringlichsten in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen.
Gespräche über Neigetechnik
Laut einem Gutachten des Verkehrsministeriums müssten aber auch die Züge modernisiert werden. Sie benötigen Neigetechnik, um die kurvenreichen Gleise schneller zu passieren. Doch die DB will diese nicht einsetzen, man hält sie nicht für zukunftssicher. Im Landtag hatte Hermann zuletzt sehr deutliche Worte dazu gefunden: „Wir müssen darauf bestehen, dass sich ein bundeseigenes Unternehmen wie die DB nicht einfach aus dieser Technik verabschiedet.“Am Mittwoch war Hermann konzilianter und betonte lediglich, er führe mit der DB „intensive“Gespräche zum Thema. Außerdem sei das für zehn Jahre mit der DB vereinbarte Modell „eine gute Interimslösung“– also nicht für die Ewigkeit.
Deutlicher wurde Rainer Kaufmann, Geschäftsführer des Interessenverbandes Gäubahn, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Das neue Konzept mit den ICs ist eine klare Verbesserung für die Fahrgäste. Es darf aber nicht dabei bleiben.“Die DB müsse sich bei der Neigetechnik bewegen. „Wenn die Bahn nicht will, lassen wir eben Schweizer Züge rollen.“Diese haben die Technik bereits lange an Bord. Gespräche dazu laufen bereits.