„Er ist ein kritischer Zeitgenosse“
Galerist Werner Wohlhüter zu seiner Schau mit Werken des Künstlers Felix Droese
- Die Arbeiten von Felix Droese (1950 in Singen geboren) bewegen sich zwischen Abstraktion und Figuration und haben eine Tiefgründigkeit, die sich dem Betrachter nicht ohne Weiteres erschließt. Die Galerie Wohlhüter im Leibertinger Ortsteil Thalheim bei Sigmaringen hat den berühmten Künstler schon lange im Programm. Bis 28. Mai zeigt sie rund 50 Werke von Droese aus verschiedenen Jahrzehnten. Im Gespräch mit Antje Merke erzählt Werner Wohlhüter von den Highlights der neuen Schau, aber auch, was er an Felix Droese schätzt.
Herr Wohlhüter, was für ein Mensch ist Felix Droese?
Felix Droese ist sehr gebildet und belesen. Er interessiert sich ungemein für Politik und soziale Belange. Er nimmt sich die Zeit, täglich mehrere überregionale Tageszeitungen zu lesen. Es ist spannend mit ihm zu diskutieren, denn er ist offen für Argumente. Als wir zum Beispiel im Bundestagswahljahr 2005 über das Wählerverhalten diskutierten und ich provokativ erwähnte, dass bei uns im Dorf sowieso jeder CDU wählt, hat er gleich reagiert und eine Kunstaktion daraus gemacht – mit dem Slogan: „Thalheim wählt CDU.“Tatsächlich ist Droese ein kritischer Zeitgenosse. Hintergrund dafür sind sicher auch die Verhältnisse, in denen er aufgewachsen ist: Sein Vater war hier im Südwesten in den 1950er-Jahren als altkatholischer Pfarrer tätig und wurde später an die Nordsee versetzt, weil er renitent war und sich kritisch äußerte.
Wann und wie haben Sie den Künstler kennengelernt?
Mitte der 1990er-Jahre habe ich den Künstler mehrmals in seinem Atelier in Mettmann bei Düsseldorf besucht. Im Laufe eines Gesprächs habe ich ihn dann gefragt: Stellen Sie auch auf einem Dorf aus? Zu meiner Freude hat er umgehend Ja gesagt. Ich wusste, dass er fast ausschließlich in Museen ausstellt und nur Dinge macht, die für ihn reizvoll sind.
Was fasziniert Sie an der Kunst von Droese? Warum haben Sie ihn bis heute in Ihrem Galerieprogramm, obwohl Ihr Schwerpunkt ja auf der Bildhauerei liegt?
Mich interessieren prinzipiell Künstler, die materialbetont arbeiten – und das trifft auf Felix Droese zu. Ein Beispiel dafür sind seine großen Scherenschnitte. Dann druckt und malt er mit Schlick, Lehm, Erde, Ruß, Tierblut oder Bitumen statt wie andere nur mit Farbe. Und das macht seine Werke für mich so spannend. Es gibt von ihm ja auch viele bildhauerische Arbeiten. Außerdem schätze ich seine Spontanität. Im Vorfeld der letzten Ausstellung etwa war in Thalheim die Windkraft in der Diskussion. Es war geplant, in unmittelbarer Nähe des Dorfes Windkraftanlagen mit einer Höhe von 200 Metern aufzustellen. Bei der Auswahl der Arbeiten im Atelier habe ich dann Holzdrucke entdeckt, die ein abstrahiertes Windrad und den Schriftzug „Heimat“aufwiesen. Heimat wurde dann das Motto der Ausstellung.
Wie viele Ausstellungen haben Sie mit ihm schon gemacht? Und wo kommen die Werke her?
Die jetzige Ausstellung ist die fünfte. Ein Großteil der Arbeiten, die wir jetzt zeigen, kommen direkt aus seinem Atelier, der Rest stammt aus unseren Beständen. Droese hat mittlerweile ein großes OEuvre, da kann man als Galerist aus dem Vollen schöpfen.
Können Sie kurz beschreiben, was den Besucher in der neuen Schau erwartet?
Diesmal haben wir kein bestimmtes Motto, sondern wir zeigen Papierschnitte, Holzdrucke und Malereien aus verschiedenen Jahrzehnten: von 1988 bis heute. Zu sehen sind große Scherenschnitte aus schwarzem Fotokarton sowie kleinformatige Holzdrucke, Cuts und Mischtechniken auf Papier sowie einige plastische Arbeiten.
Was ist aus Ihrer Sicht der Höhepunkt der Ausstellung?
Highlight der Schau sind die sechs riesigen Scherenschnitte mit dem Titel „Antiterroreinheit auf dem Weg zum Begräbnis der Kunst“, die zwischen 1992 und 2000 entstanden sind und jetzt in unserer Kunsthalle präsentiert werden. Dabei handelt es sich um eine Truppe von Kranken, die quasi als letztes Aufgebot den Terrorismus bekämpfen sollen. Ein weiterer Blickfang ist eine Schullandkarte – ein überarbeiteter Holzdruck von 1988, der damals für das „Haus der Waffenlosigkeit“zur Biennale in Venedig entstanden ist und 2000 mit einem weiteren Druck „Cain“versehen wurde. Denn für Droese beginnen die kriegerischen Auseinandersetzungen schon in der Bibel mit der Geschichte, in der Kain seinen jüngeren Bruder Abel erschlägt. Dieses Phänomen der Eskalation zieht sich aus seiner Sicht bis heute fort.
Das heißt aber auch, dass der Betrachter bei Droeses Arbeiten sehr oft eine zweite Ebene entdecken kann?
Genau, dieses Tiefgründige und Mehrschichtige macht sein Werk ja so besonders. Ein weiteres Beispiel dafür sind in der Ausstellung seine Wolkenbilder, die auf den ersten Blick schön anzuschauen sind. Erst auf den zweiten sieht man, dass es eine Gewitterwolke sein könnte oder auch eine Atombombenexplosion. Oder etwa eine Cloud, also eine digitale Wolke. Wolken spielen bereits im Alten Testament eine große Rolle. Mit dieser Vielschichtigkeit kann sich der Betrachter auseinandersetzen.
bis 28. Mai. Öffnungszeiten: Freitag 13-18 Uhr, Samstag 10-13 Uhr sowie an den Sonntagen 14., 21. und 28. Mai 11-16 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 07575/ 1370. Weitere Infos im Internet unter www.galerie-wohlhueter.de