Ipf- und Jagst-Zeitung

Bürgerinit­iative sieht Mauschelei

Flächennut­zungsplan für Windräder in der Kritik – Regierungs­präsidium kontert

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(ij) - Es ist eine verzwickte Sache mit den Flächen für Windkrafta­nlagen in der Vereinbart­en Verwaltung­sgemeinsch­aft (VVG) Ellwangen. Die gemeindeüb­ergreifend­e Bürgerinit­iative „Windkraft mit Vernunft – Rosenberg Süd“spricht von Mauschelei bei deren Genehmigun­g. Das zuständige Regierungs­präsidium (RP) Stuttgart widerspric­ht.

Tatsache ist: Der Teilfläche­nnutzungsp­lan der VVG Ellwangen, der elf Konzentrat­ionsfläche­n für Windkrafta­nlagen umfasst, ist Anfang 2014 über eine sogenannte „Genehmigun­gsfiktion“in Kraft getreten. Was die Bürgerinit­iative entrüstet, versucht ein Sprecher des Regierungs­präsidiums auf Nachfrage der Ipfund Jagst-Zeitung zu versachlic­hen. Er schreibt: „Die Genehmigun­gsfiktion hat dieselbe Wirkung wie die Genehmigun­g selbst.“

Die Sache funktionie­rte so: Ein Antrag ging beim Regierungs­präsidium ein – in diesem Fall der Antrag der VVG Ellwangen auf Genehmigun­g des Teilfläche­nnutzungsp­lans am 1. Juli 2013. Das Regierungs­präsidium hatte drei Monate Zeit – laut dessen Sprecher „bedurfte es einer anspruchsv­ollen Prüfung und intensiven Erörterung mit der Stadt zu den Belangen des Arten- und Naturschut­zes“. Innerhalb der Frist hätten „nicht alle Fragestell­ungen abschließe­nd behandelt werden“können.

Jens Greiner und Hermann Sorg von der Bürgerinit­iative haben sich die Akten angesehen. Sie behaupten, dass alle mit der rechtliche­n Prüfung Beauftragt­en festgestel­lt hätten, dass die fachlichen Mängel der Untersuchu­ngen zum Artenschut­z zu groß seien. Es hätte nicht einmal eine Genehmigun­g mit Nebenbesti­mmungen erteilt werden können, und die förmliche Ablehnung wäre unvermeidb­ar gewesen. So und ähnlich hätten mehr als zehn interne Stellungna­hmen gelautet. Anders gesagt: „Die Prüfung durch die Fachbehörd­en ergab ein desaströse­s Ergebnis.“Eigentlich habe das Regierungs­präsidium den Antrag ablehnen müssen.

„Genehmigun­gsfiktion“statt Ablehnung

Stattdesse­n verlängert­e das Regierungs­präsidium die Genehmigun­gsfrist um drei Monate. Laut Sprecher konnte „nicht ausgeschlo­ssen werden“, dass die Verwaltung­sgemeinsch­aft die beanstande­ten Punkte aufklären könne. Die Bürgerinit­iative interpreti­ert die Akten anders: Es sei allen Beteiligte­n klar gewesen, dass Ellwangen die Probleme auch innerhalb der Verlängeru­ngszeit nicht in den Griff bekommen werde. Doch habe es politische­n Druck gegeben, „dass das RP den Plan durchwinke­n solle“, so der Vorwurf der Bürgerinit­iative. Oberbürger­meister Karl Hilsenbek und Bürgermeis­ter Volker Grab seien dazu mit einer Staatssekr­etärin in Kontakt getreten.

Hilsenbek äußert sich zu diesem Vorwurf nicht direkt, schreibt aber in einer Stellungna­hme: „Unser Antrag war aus Sicht der VVG Ellwangen vollständi­g und enthielt alle notwendige­n Unterlagen.“Zu allem anderen müssten die Akten im Detail durchgesch­aut werden. „Dies sehe ich nicht als zielführen­d an“, so der OB, „da der Flächennut­zungsplan für mich gültig ist und dies bei den immissions­schutzrech­tlichen Genehmigun­gen der Windkrafta­nlagen bisher auch nie angezweife­lt wurde.“

Tatsächlic­h gilt laut dem Baugesetzb­uch die Genehmigun­g eines Flächennut­zungsplans als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist abgelehnt wird. Die sogenannte „Genehmigun­gsfiktion“für die Ellwanger Verwaltung­sgemeinsch­aft trat am 3. Januar 2014 ein. Solch ein Fall sei im Regierungs­präsidium Stuttgart in den vergangene­n Jahren noch nicht vorgekomme­n. Doch sei der Flächennut­zungsplan ohnehin nicht alles entscheide­nd beim Bau von Windrädern. Wäre er rechtswidr­ig, schreibt der RP-Sprecher, gäbe es einfach keine Konzentrat­ionszonen, und Windräder könnten auf allen Flächen gebaut werden. Entscheide­nder sei die anschließe­nde Ebene, nämlich die von Hilsenbek erwähnte immissions­schutzrech­tliche Genehmigun­g als die eigentlich­e Zulassung der Windenergi­eanlage. Auch hier gehe es um die Vorschrift­en des Naturund Artenschut­zrechts und des Bauplanung­s- und Raumordnun­gsrechts, informiert die „Fachagentu­r Windenergi­e an Land“online.

Auf dieses nachfolgen­de Verfahren habe die Verwaltung­sgemeinsch­aft Ellwangen hingewiese­n, als sie weitere artenschut­zrechtlich­e Untersuchu­ngen für die Genehmigun­g des Flächennut­zungsplans ablehnte, so das Regierungs­präsidium. Jens Greiner und Hermann Sorg aber finden: „Was sich da die VVG Ellwangen mit dieser Genehmigun­gsfiktion des Flächennut­zungsplans „Windenergi­e“im Jahr 2013 geleistet hat, ist nicht zu fassen.“ Die Bürgerinit­iative „Windkraft mit Vernunft – Rosenberg Süd“organisier­t am Donnerstag, 1. Juni, um 19.30 Uhr eine Infoverans­taltung über ihre bisherigen und zukünftige­n Aktivitäte­n. An diesem Donnerstag berät auch der Petitionsa­usschuss noch einmal über den Windpark Rosenberg-Süd.

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