Minister mahnt Bauern zu Krisenvorsorge
Christian Schmidt (CSU) regt die Gründung eines Milch-Branchenverbandes an
(dpa) - Trotz der Erholung nach einem langen Preistief muss sich die Milchbranche aus Sicht von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) besser gegen künftige Krisen wappnen. Es sei viel zu früh für Entwarnung, sagte der Politiker am Donnerstag nach einem Treffen mit Landwirten, Molkereien und Handel in Berlin. Nötig sei weiterhin „weniger Milch zu besseren Preisen“. Dafür sollte die Branche sich etwa mit regionaler Vermarktung unabhängiger von den Weltmärkten machen und mehr auf Qualität als auf Masse setzen.
Nach dem bedrohlichen Absturz auf unter 23 Cent pro Liter vor einem Jahr liegen die Milchpreise für die Erzeuger inzwischen wieder bei gut 32 Cent. Um die Kosten zu decken, gelten mindestens 35 Cent als erforderlich. In der akuten Krise hatten Bund und EU den deutschen Bauern Hilfen von knapp 600 Millionen Euro bereitgestellt.
Die Lieferbeziehungen von Milchbauern und Molkereien müssten „auf den Prüfstand“, forderte Schmidt. Dazu gehöre auch die bisherige Regelung bei genossenschaftlichen Molkereien, dass sie 100 Prozent der angelieferten Milch abnehmen. Schmidt regte die Gründung eines MilchBranchenverbandes an, um eine „enge und schlagkräftige Zusammenarbeit“zu erzielen.
Risiko anders verteilen
Im Hinblick auf die Erfahrungen aus der Milchkrise, in der die Anpassung des Rohmilchangebots „zu träge und zu langsam“verlaufen sei, forderte der Landwirtschaftsminister, die Verträge zwischen Milcherzeugern und Molkereien zu überdenken – auch weil derzeit vor allem die Milchbauern das Preisrisiko trügen. Schmidt forderte eine „Neujustierung der Risikoverteilung“. Die Wirtschaft müsse sich in dem Maß engagieren, „wie sich die Milchmarktpolitik aus der staatlichen Risikovorsorge zurückzieht“, etwa über Terminkontrakte. Auf EU-Ebene werde sich das Landwirtschaftsministerium für eine Milchmarktpolitik einsetzen, die der Branche helfe, „Marktchancen zu nutzen“, aber „in außergewöhnlichen Marktsituationen“auch die Erzeuger schütze, erklärte Schmidt.
Um bessere Preise erzielen zu können, sei ein stärkerer Fokus auf Qualität und die veränderte Nachfrage, etwa nach laktosefreien Produkten oder Biomilch, sinnvoll. „Da sehe ich Wachstumsmöglichkeiten, da ist der Markt nicht gesättigt“, erklärte der Minister. Dies könnten etwa Heuund Weidemilch oder auch neue Produktkreationen sein. Auf die Massenproduktion von Milchpulver sollten Landwirte dagegen eher nicht setzen, sagte er.
Der Milchindustrie-Verband betonte, in der Preiskrise 2015 und 2016 habe der Markt reagiert: „Die Milchanlieferung ging EU-weit zurück und die Milchpreise konnten sich erholen.“Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter forderte ein stärkeres EU-Sicherheitsnetz. Überlasse die Politik die Lösung globaler Marktkrisen alleine Branchenverbänden, sei ein Scheitern programmiert, warnte der Verband.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert von Schmidt konkrete Verbesserungen für den deutschen Milchmarkt. „Nach der Krise ist vor der Krise“, erklärte DBV-Milchbauernpräsident Karsten Schmal. „Deshalb müssen wir die erkannten strukturellen Defizite angehen.“Auf der Markterholung dürfe sich die Branche aber nicht ausruhen, mahnte Schmal. Schmidt habe beim Milchgipfel eine „korrekte Beschreibung der Herausforderungen vorgenommen“, nun gelte es, diese anzugehen, erklärte der Milchbauernpräsident.