Das System krankt
Zu „230 Firmen unter dem Verdacht des Pflegebetrugs“(31.5.): Ich bin Krankenschwester – und habe eigentlich einen schönen Beruf. Es macht mich traurig und wütend, wie da auf dem Rücken von Kranken, Schwachen und Bedürftigen betrügerisch Misswirtschaft betrieben wird. Keine Frage – ein wirtschaftliches Planen ist notwendig, um den Betrieb am Leben zu halten. Der Personalnotstand und ein immer schnelleres Zeit-/Leistungsfenster machen die Arbeit mit Kranken nicht leicht. Es ist beschämend, wenn solche kriminellen Energien den Beruf noch vollends abwerten. Aber wenn Misswirtschaft solche Ausmaße annehmen kann, läuft doch bei der Politik und im verantwortlichen System einiges falsch. Das System krankt! Keine gute Ausgangsposition, um Vertrauen zu finden.
Die Idylle der gemütlichen häuslichen Pflege wird immer mehr Vergangenheit werden. Die Realität in der Medizin wird bestimmt durch Technik, Zeitmangel, wirtschaftliche Engpässe, Pflegenotstand und Ärztemangel. Trotz alledem darf ein Wertewandel nicht die elementaren Werte der Menschlichkeit betreffen. Auf allen Ebenen der Verantwortlichen sollten wir dieses Ziel immer vor Augen haben. Hier ist die Politik genauso gefordert, nicht nur im Reden – sondern im Tun. Denn wir alle sind irgendwann einmal bedürftig der Hilfe, der Zuwendung und der Nächstenliebe.
Unsere Gesellschaft zeigt sich in der Art und Weise, wie sie mit Schwachen, Kranken und Schutzlosen umgeht. Wir müssen Sorge tragen, dass in unseren Heimen und Spitälern nicht die Liebe an den administrativen Zwängen stirbt. Die politisch Verantwortlichen sind da gefordert, endlich zu handeln (nicht nur mit Versprechen vor den Wahlen), damit diese Art der krummen Geschäfte erst gar keinen Raum findet, sonst werden wir bald in der Versorgung Kranker, Schwacher und Bedürftiger ein großes Problem haben. Wenn nicht der zeitaufwendige Administrationsurwald bald reduziert wird, bleibt noch weniger Zeit für den Menschen. Zeitnot und Wirtschaftsinteressen bestimmen dann den Alltag. Wir brauchen ein ethisches Leitbild – Werte nach denen alle handeln. Doris Bretzel, Auflagen für mehr Wettbewerb Zum Artikel „Lösung im E-Auto-Streit“(26.5.): Um den Smog etwas zu verringern und die Gesundheit ihrer Bevölkerung zu schützen, entscheidet China, dass acht Prozent der verkauften Autos eines Herstellers E-Autos sein müssen. Außenminister Gabriel kämpft darum, dass dieser Satz reduziert beziehungsweise hinausgezögert wird, das heißt darum, zum Beispiel Peking weiterhin durch deutsche Autos zu verschmutzen.
So hat sich die Bundesregierung bisher auch in Brüssel für die Autoindustrie und gegen die Gesundheit der Bürger eingesetzt, hat zum Beispiel strenge Co2-Vorgaben aufgeweicht und hinausgezögert. (Und diese ohnehin hohen Grenzen mussten dann nur auf dem hoch manipulierbaren Teststand erbracht werden.)
Strengere Auflagen würden nicht nur die Menschen und das Klima schützen, sie würden die Autoindustrie auch innovativer und damit für die Zukunft wettbewerbsfähiger machen. Peter Andresen, Wilhelmsdorf Lieber gemeinsam demonstrieren Zum Artikel „DFB-Eigentor mit Helene Fischer“(29.5.): Ich bin ein großer Fußballromantiker und Fan. Ich verstehe den Unmut der Fans gegenüber dem DFB, der DFL und den Vereinen, Investoren und Spielerberatern, die den Fußball als moderne Sklavenhandelsfabrik sehen und melken. Transferrechte von Spielern werden vom eigenen Verein verhökert an Investoren. Spielerberater kassieren für einen Spielerwechsel 50 Millionen und bei einer Bundesligaspieltags-Zerstückelung macht man den Kniefall vor dem asiatischen Markt, und der deutsche Markt wird mit den Familien vor den Kopf gestoßen. Aber ich heiße keine Plakate gut, die dem DFB den Krieg erklären.
Das Gepfeife gegen einen DFB, das der Künstler ausbaden muss, der in einer Halbzeit sieben Minuten lang singt, halte ich für lächerlich. Viele Fans sagen, das hat mit Fußball nichts zu tun. Es ist ja auch ein Rahmenprogramm in der Halbzeit, und trotzdem kann man über das Spiel diskutieren.
Viel schlimmer finde ich beim Spiel die Pyrotechnik des BVBBlocks. Das zerstört den Fußball und macht manch Familie, Kind und Nebenmann „Atemlos“. Und man sah vom Spiel ungefähr 15 Minuten lang nur gelben Rauch.
Die Fans sollten sich selbst an die Nase fassen, weil so macht man den Fußball auch kaputt und der Verein zahlt die Zeche. Irgendwann gibt es durch solche Rauchbomben eine Massenpanik. Dann lieber eine gemeinsame Demo gegen die Spieltags-Zerstückelung, aber auch den Preis zahlen, dass man so die Bundesliga weniger vermarkten kann – weniger Stars, weil weniger Geld. Thomas Grimm, Tuttlingen Brutalisierung des Sports Zum selben Thema: Gewiss hat Toleranz ihre Grenzen: Einerseits hätte in diesem Fall eines beschädigten, ja verunglückten Fußballfestes das sonst begeisterungsfähige nationale Fußballpublikum selbst im Fall einer urplötzlich entdeckten Abneigung gegen schlichte Schlagermusik diese kurze Halbzeiteinlage ertragen müssen, auch wenn es deren plumpen PRZweck durchschaut; nicht hinnehmbar und ein beängstigendes Indiz ist das schäbige, barbarische Verhalten der ansonsten doch unterhaltungssüchtigen Zuschauer.
Mag die ansonsten gefeierte Künstlerin diese unverdiente, wenn auch für sie aufschlussreiche Abfuhr aufgrund ihres sonnigen Gemüts und angesichts ihrer sicher (aus der Sicht fähiger, doch namenloser Musikerkollegen) astronomischen Gage verwinden und abhaken; mögen besonders kluge Fanforscher und Soziologen diesen Skandal einer zuvor nicht für möglich gehaltenen Unkultur psychologisch zu erklären versuchen – verstehen, achselzuckend hinnehmen, verzeihen dürfen wir ihn als Angehörige einer Kulturnation, die für sich eine Vorbildrolle beansprucht, keineswegs.
In diesem Zusammenhang einer sozialen Brutalisierung des Sports stehen zudem erstens wiederholte Ausschreitungen lebensgefährdender Pyrotechniker in unseren Stadien (wie soeben bei einem zweitklassigen Relegationsduell) – und auch die unwürdige Entlassung des hochbefähigten, erfolgreichen, sympathischen und in Wahrheit entgegen „alternativen Fakten“der Vereinsführung bei der Mannschaft beliebten Trainers Tuchel beim (gerade auch dank ihm) Bundesligadritten und Pokalsieger Borussia Dortmund. Fred Maurer, Aalen
Tettnang
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