Am Schließfach fliegt die Diebesserie auf
Junger Mann muss ins Gefängnis – Handyklau nach „Antanzen" ist nicht nachzuweisen
- Für zwei Jahre hinter Gitter geschickt hat das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Martin Reuff einen jungen Mann wegen einer ganzen Reihe von Diebstählen und wegen Hehlerei. Unter anderem hatte er damit seinen Alkohol- und Drogenkonsum finanziert. Begonnen hatte er mit seiner Diebstahlserie wenige Wochen, nachdem er wegen Diebstählen zehn Monate gesessen hatte. Ein Mitangeklagter dagegen kam mit einer Geldstrafe von 350 Euro davon. Er hatte zweimal Alkoholika gestohlen und war einmal beim Schwarzfahren erwischt worden, hatte sich davor jedoch nichts zuschulden kommen lassen.
Auf die Anklagebank gebracht hatte die beiden ein Fund in einem Schließfach am Aalener Hauptbahnhof. Dort war Diebesgut im Wert von rund 3500 Euro deponiert und nach Ablauf der Mietzeit nicht gleich abgeholt worden. Dies rief Servicemitarbeiter der Bahn und anschließend die Polizei auf den Plan. Als vier Männer – unter ihnen die beiden Angeklagten – noch am gleichen Tag die Beute, nämlich Kleidungsstücke, Schuhe, Uhren, Drogerieartikel und Smartphones, abholen wollten, gingen sie der Polizei ins Netz. Wortführer war der jetzt zur Gefängnisstrafe verurteilte Mann. Er hatte auch den Schlüssel zum Schließfach, der jedoch nicht mehr funktioniert hatte, nachdem die Mietzeit abgelaufen war.
Zwar gab er an, er habe nur Dolmetscherdienste leisten wollen, ansonsten aber mit der Sache nichts zu tun gehabt. Dies nahm ihm das Gericht jedoch nicht ab, unter anderem, weil alles zu seinen anderen Taten passen würde. Zudem hatte er vor dem Haftrichter zugegeben, dass ein Teil der Beute ihm gehöre. Jetzt machte er geltend, er habe dies nur gesagt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Auch dies wertete das Gericht als unglaubwürdig.
Auch bei anderen Diebstählen, unter anderem in Crailsheim, Nördlingen, Donauwörth und Vaihingen/ Enz, die der Angeklagte teilweise einräumte, hielt ihn das Gericht für schuldig. Nicht mit Sicherheit ihm zuzuordnen ist jedoch das Diebesgut, das bei einer anschließenden Durchsuchung in der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen in einem Spind in seinem Zimmer gefunden wurde. Freigesprochen wurde er auch von dem Vorwurf, er habe am Aalener Bahnhof eine Schülerin zu umarmen und zu küssen versucht und ihr dabei das Handy gestohlen.
Vita des Angeklagten unklar
Über sein Alter und seine Herkunft machte der Angeklagte unterschiedliche Angaben. Unklar blieb daher, ob er Algerier oder Marokkaner ist. Im Bericht des Gerichtshilfe heißt es, er sei in einem Kinderheim in Marokko aufgewachsen, habe lange auf der Straße gelebt und sei 2007 nach Spanien gekommen. Nach Deutschland kam er nach eigenen Angaben im September 2015 und hat hier Asyl beantragt. Er gab aber auch an, er habe keine Familie mehr und suche seine Mutter. In seinem Schlusswort vor Gericht sagte er, er sehe in seinem Leben keinen Sinn. Er habe bereits einmal versucht, sich umzubringen, und er werde es erneut versuchen.
Nach dem Vorfall am Bahnhof waren er und sein Mitangeklagter, ein Algerier, in Untersuchungshaft gekommen. Dieser hatte sich nach Überzeugung des Gerichts jedoch nur zwei Diebstähle von Alkoholischem für den Eigenverbrauch zuschulden kommen lassen und war einmal schwarzgefahren. Daher hielt es eine Geldstrafe für ausreichend und setzte ihn wieder auf freien Fuß. Sein Kompagnon dagegen blieb in Fesseln und musste zurück ins Gefängnis.
Staatsanwalt Peter Laiolo hielt den mutmaßlichen Marokkaner auch für schuldig, der Schülerin beim „Antanzen“das Handy gestohlen zu haben. Außer ihm und seinem unbekannten Begleiter komme dafür niemand anders in Betracht. Für alle Taten forderte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Den zweiten Angeklagten wollte er zu einer Geldstrafe von 325 Euro verurteilt wissen. Dessen Verteidiger Rainer Schwarz plädierte ebenfalls auf Geldstrafe. Paul Feil, der Verteidiger des mutmaßlichen Marokkaners, hielt seinen Mandanten nicht in allen Fällen für schuldig und schlug eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten vor.