Ismaik lässt die Löwen untergehen
Investor verweigert Zahlungen zum Erhalt der Drittligalizenz, will aber weiterhin das volle Sagen haben bei 1860 München – Verband warnt
- Bedrohlich schwarz hingen die Gewitterwolken über der Geschäftsstelle des Ex-Zweitligisten TSV 1860 in München-Giesing – der große Donner aber folgte in einer EMail, die schon jetzt als historisch angesehen werden muss. Um kurz nach 15.30 Uhr ließ Investor Hasan Ismaik über seine Investmentgesellschaft HAM verlauten, dass er die vom DFB geforderten zehn bis elf Millionen Euro zum Erhalt der Drittligalizenz nicht aufbringen werde. Der Profifußball an der Grünwalder Straße ist damit Geschichte, die Löwen, immer noch ein Club mit über 16 000 Mitgliedern, werden in den Amateurbereich durchgereicht. In welche Liga genau, ist unklar.
Ein Teil des Problems nämlich ist: Ismaik, der 60 Prozent der Anteile an der ausgegliederten Profifußballabteilung hält, lässt die Löwen zwar untergehen – will aber weiter an Bord bleiben. „Leipzig hat auch in der fünften Liga angefangen, richtig?“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Dass Ismaik, der schon einmal alle Journalisten vom Vereinsgelände aussperren ließ, zwischen 15 Uhr und weit nach 15.30 Uhr – während also am Trainingsgelände der Löwen zahlreiche Fans und Funktionäre sehnsüchtig auf eine Mitteilung warteten – mit Reportern telefonierte, war nur eine weitere irre Randnotiz dieses selbst für Löwen-Verhältnisse beispiellosen Absturzes.
„Herr Ismaik wird den Club auch in der 4. oder 5. Liga unterstützen und notwendige Veränderungen vorantreiben. Seine emotionalen Bindungen zu 1860 und seine Loyalität gegenüber den Fans bleiben stark“, hieß es in der offiziellen Mitteilung des Investors. Grund für seine Weigerung, die Drittligalizenz zu sichern, seien die Funktionäre des Vereins, die seine „begründeten Forderungen“nicht erfüllen wollten. Dabei handelt es sich unter anderem um Forderungen, die den Statuten sowohl von DFL als auch DFB widersprechen, die ihm der Verein also gar nicht erfüllen kann. Unter anderem möchte Ismaik den Verein zwingen, auf sein Weisungsrecht auf den Geschäftsführer zu verzichten – was ein Verstoß gegen die 50+1-Regel wäre, die den Einfluss von Investoren auf Fußballclubs begrenzen soll.
Ismaik, ein jordanischer Bauunternehmer mit Wohnsitz in Abu Dhabi, war im Mai 2011 bei den damals akut insolvenzgefährdeten Löwen eingestiegen und hatte von einer glorreichen Zukunft in der Bundesliga und in der Champions League fantasiert. Praktisch vom ersten Tag seines Investments an gab es aber schwere Konflikte zwischen Ismaik und den verschiedensten Vereinsfunkionären darüber, wer bei den Löwen das Sagen haben dürfe. Etliche Präsidenten, Geschäftsführer, Sportchefs und Trainer wurden ausgetauscht, als Ismaik in dieser Saison praktisch ganz alleine entscheiden durfte, investierte er so viel wie nie – und die Löwen stiegen ab. Rund 60 Millionen Euro dürfte der Schuldenstand des TSV 1860 derzeit betragen – Ismaiks Investitionen waren stets Darlehen.
„Scheiß auf den Scheich! Scheiß auf sein Geld!“, skandierten am Freitag Anhänger der Sechziger vor der Geschäftsstelle, als die Entscheidung bekannt gegeben wurde. Mit einem Start in der Regionalliga hätten sich viele wohl noch irgendwie abfinden können – aber eben ohne Ismaik. Besondere Ironie: Wären die Löwen 2011 insolvent gegangen und in die vierte oder fünfte Liga relegiert worden, hätten sie nun theoretisch wieder Zweitligist sein können – schuldenfrei und selbstverwaltet.
Am Abend stellte auch Rainer Koch, der Präsident des Bayerischen Fußballverbands, klar, dass die 50+1Regel auch in der Regionalliga Bayern gelte. „Wir werden in keiner Form dulden, wenn der TSV 1860 von außen unter Druck gesetzt wird. Ich habe Herrn Ismaik in diesen Räumen die 50+1-Regel erklärt, und auch, dass deren Bestimmungen auch beim BFV gelten. Nur dann kann 1860 Regionalliga spielen“, sagte Koch. Sieht so aus, als ob Ismaik bald wieder Mails schreiben lassen muss.