Erste Priesterweihe in Wasseralfingen
Unter den drei Kandidaten am 8. Juli ist auch Mathias Michaelis, der in Sankt Stephanus schon Praktikant war
(an) - Am Samstag, 8. Juli, wird in Wasseralfingen zum ersten Mal die Priesterweihe der Diözese Rottenburg-Stuttgart stattfinden. Für zwei der drei Weihekandidaten ist das Gotteshaus nicht unbekannt: Sie haben ein Praktikum in Wasseralfingen absolviert.
- 134 Jahre alt musste die stattliche und repräsentative, 1883 geweihte Wasseralfinger Pfarrkirche Sankt Stephanus werden, um eine echte Premiere zu erleben: Am Samstag, 8. Juli, wird in ihr zum ersten Mal die Priesterweihe der Diözese Rottenburg-Stuttgart stattfinden. Für zwei der drei diesjährigen Weihekandidaten ist das Gotteshaus nicht unbekannt: Sie haben während ihrer Priestersausbildung ein Praktikum in Wasseralfingen absolviert. Einer von ihnen, Mathias Michaelis, erzählt im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten“, weshalb er sich auf diesen Weg gemacht hat, der für die allermeisten jungen und jüngeren Männer heute kaum noch eine Berufsperspektive zu sein scheint.
Das Fronleichnamsfest, das jetzt wieder gefeiert wird, erlebte Mathias Michaelis vor einem Jahr noch in Rottenburg – an der Seite von Bischof Gebhard Fürst im Dom Sankt Martin als Diakon, zu dem er im Februar 2016 geweiht worden war. Jetzt, ein rundes Jahr später, bereitet sich der 35-Jährige auf den Endpunkt seines langen Weges zum Priester vor – die Weihe, die Bischof Fürst am 8. Juli in Wasseralfingen in einem feierlichen Gottesdienst vollziehen wird.
Kein „Berufungserlebnis“
„Ich habe kein besonderes Berufungserlebnis gehabt, es gab auch keine Stimme, die zu mir gesprochen hat“, erzählt Michaelis bei seinem letzten Besuch im Wasseralfinger Pfarrhaus vor der Weihe fast augenzwinkernd. Aufgewachsen ist Michaelis in Scheer im Donautal nahe Sigmaringen. In der dortigen Kirchengemeinde Sankt Nikolaus war er über viele Jahre Ministrant, Oberministrant, Lektor, Kommunionhelfer und Kantor. Er war Mitglied im Jugendausschuss, und als der Ortspfarrer krankheitsbedingt längere Zeit ausfiel, übernahm er die Leitung von Andachten und Wort-GottesFeiern. Was er offenbar so überzeugend gemacht hat, „dass mich die Leute darauf angesprochen haben – auch der Pfarrer“. Angesprochen darauf, ob ein pastoraler Beruf nicht auch eine Perspektive für ihn sein könnte.
Dabei hatte Michaelis beruflich zunächst schon einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Im damals noch den Franziskanerinnen von Reute gehörenden Krankenhaus Sankt Elisabeth in Ravenbsurg hatte Michaelis eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert, danach arbeitete er dort in der chirurgischen Intensivstation. „Eine erfüllende Tätigkeit“, wie er im Rückblick sagt. Und eine Arbeit, bei der für ihn die Auseinandersetzung mit Leid und Tod, auch im Zusammenspiel mit seiner eigenen, durchaus auch kritischen Glaubensauseinandersetzung, dazugehörte.
Weshalb die Anstöße aus seiner Heimatgemeinde, in der er sich auch während seiner Arbeit in Ravensburg engagierte, letztlich nicht spurlos an Michaelis vorübergingen. Er hat sich über Zugangswege zu pastoralen Berufen informiert, hat unter anderem ein Schnupperpraktik um bei Pfarrer Reinold Hübschle in Ravenbsurg gemacht, der vor vielen Jahren als Vikar in Wasseralfingen tätig war. Und hat dabei gespürt: „Irgendwas zieht da, noch mehr als in meinem alten Beruf.“
Studium in Lantershofen
Schließlich besuchte Michaelis von 2005 bis 2010 das inzwischen aufgelöste erzbischöfliche Seminar Sankt Pirmin in Sasbach in der Ortenau und machte dort sein Abitur. Anschließend ging er ins Ambrosianum, dem theologisch-propädeutischen Seminar der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Tübingen. Im April 2011 nahm Bischof Gebhard Fürst ihn als Priesterkandidat der Diözese auf. Von 2011 bis Juli 2015 studierte er am interdiözesanen Seminar Sankt Lambert in Lantershofen bei Bonn katholische Theologie. Soweit es ging, blieb er immer mit seiner Heimatgemeinde verbunden. Ab August 2015 absolvierte er im Priesterseminar in Rottenburg seine pastoralpraktische Ausbildung. Nach seiner Diakonenweihe im Februar 2016 in Stuttgart kam er schließlich als Domdiakon nach Rottenburg.
13 Wochen lang absolvierte Mathias Michaelis während seines Studiums in Lantershofen ein Gemeindepraktikum bei Pfarrer Harald Golla in Wasseralfingen. Eine engagierte und lebendige Gemeinde, wie Michaelis sagt. „Es hat hier Spaß gemacht, ich musste mich nicht verstellen, und ich habe gespürt: Es trägt mich“, wie er rückblickend erzählt. Diese Wasseralfinger Zeit, so ist er überzeugt, habe bei ihm viel dazu beigetragen, das Ziel Priester im Auge zu behalten. Denn den langen Weg dorthin habe er in aller Freiheit gehen können. „Wenn’s schief geht, hätte ich jeder Zeit wieder in meinen alten Beruf zurück können – oder Medizin studieren.“Während seiner Zeit als Diakon im Rottenburger Dom schließlich habe er gelernt, „Wegbegleiter zu sein, der aber nicht auf alles eine Antwort hat“. Und darauf zu vertrauen, „dass der Fallschirm meines Glaubens im entscheidenden Moment aufgeht“.
Nicht mit rosaroter Brille
Seine Zukunft als Priester sieht Mathias Michaelis „weder als Schwarzmaler noch mit einer rosaroten Brille“. Die Vorstellung, als Pfarrer möglicherweise einmal in einer weit verzweigten Seelsorgeeinheit mit mehreren Gemeinden zu landen, macht ihn nicht bange. Auch da gelte es, die eigene Balance zu finden und ein Gefühl dafür zu entwickeln, welches Potenzial an Menschen vor Ort ist, mit denen man gemeinsam die Aufgaben bewältigen kann. Wichtig sei, authentisch zu sein, nicht perfekt und fehlerlos. „Den Hochwürden gibt es schon lange nicht mehr.“Das sogenannte Kollarhemd mit dem weißen Stehkrägchen, das er dennoch bewusst oft trägt, ist für ihn eine Möglichkeit zu zeigen: „Es gibt auch junge Gesichter in dieser Kirche“. Und wenn er sagt, er setze bewusst auch mit seiner Lebensform auf diese Karte der Kirche, schließt er ebenso bewusst den Zölibat mit ein. „Der Zölibat heißt nicht, als Mensch beziehungslos zu leben“, meint Michaelis. Ein guter, manchmal auch kritischer Freundeskreis sei wichtig. Für ihn sei der Zölibat bislang eine stimmige und bereichernde Lebensform. Gefeit davor, sich in zehn oder 15 Jahren in eine Frau zu verlieben, sei er dadurch allerdings nicht. Andererseits: „Wenn der Zölibat morgen abgeschafft werden würde, würde ich jetzt nicht sofort auf Brautschau gehen“, meint er mit einem knitzen Lachen.
„Irgendwas zieht da, noch mehr als in meinem alten Beruf“, schildert Mathias Michaelis sein erstes Hineinschnuppern in die Pastoral.